Skipnavigation Bürgerbeauftragter des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Springe direkt zu:

Jahresbericht für 2020

26. Bericht des Bürgerbeauftragten für 2020

26 Jahresbericht des Bürgerbeauftragten gemäß § 8 Absatz 7 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2020

Der Jahresbericht ist öffentlich und erscheint als Drucksache des Landtages, aber auch eigenständig als Broschüre mit zusätzlichen Dokumenten.

    Inhalt

    VORWORT         

    1. ÜBERBLICK ZUR ARBEIT IM JAHR 2020
    2. Aufgabenstellung, Zahlen und Fakten
    3. Medien- und Öffentlichkeitsarbeit
    4. ARBEIT DES BÜRGERBEAUFTRAGTEN, DARGESTELLT NACH AUFGABENGEBIETEN
    5. Innen- und Europapolitik

    Einschränkungen durch Corona

    Rente für Volkspolizisten: Verpflegungsentgelte zählen doch nicht mit  

    Stasi-Opfer wird ausgebürgert 

    Rechtzeitige Einbeziehung hätte Ärger verhindert          

    Regenentwässerung: Lösungen dauern länger  

    Abwasser: Die ungleiche Grundgebühr

    Anschluss- und Ausbaubeiträge verjährt – ja oder nein?              

    Kurabgaben: Hoch umstritten (Fortsetzung aus dem Vorjahr)    

    1. Rechtspolitik und Justizangelegenheiten
    2. Finanzpolitik

    Kindergeld – nicht immer kinderleicht  

    1. Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit

    Corona: Was ist erlaubt?             

    Einreiseregelungen schafften Verdruss

    Lockerungen der Beschränkungen schufen neue Fragen              

    Probleme bei der Maskenpflicht             

    Wer bezahlt den Corona-Test? 

    Finanzielle Unterstützung von Unternehmen und Privatpersonen           

    Weitere Eingaben mit der zweiten Welle            

    Sonderfall: Das deutsch-polnische Grenzgebiet

    Regelungen teils begrüßt, teils kritisiert

    1. Landwirtschaft und Umwelt

    Gesundheit geht vor? Zur Überwachung eines Industrieunternehmens

    Naturschutz – mal zu viel, mal zu wenig

    Naturschutz darf nicht beliebig sein (Fortsetzung aus den Vorjahren)    

    Wenn der Wald kein Wald ist    

    Waldgesetz: Wiederaufforstung ist Pflicht (Fortsetzung aus 2016 und 2017)       

    „Wenn’s mal wieder länger dauert …“ (Fortsetzung aus 2019)   

    1. Bildung, Wissenschaft und Kultur

    Schulausschluss: So geht es nicht            

    Einschulung: Kind mit Schwerbehinderung „vergessen“

    Privatschulen: Genehmigungen stark verzögert

    Bildungsfreistellungsgesetz: Haushaltsmittel umschichten          

    1. Energie, Infrastruktur und Digitalisierung

    Wenn das Land nicht haften will              

    Immer wieder: Verkehrsberuhigung      

    Nur scheinbar öffentliche Wege (Fortsetzung aus 2019)

    Breitbandausbau mit Lücken     

    Planung schafft Baurecht            

    Funkmasten: Auf den Standort kommt es an     

    Die Wohnung in der alten Scheune        

    1. Soziales, Integration und Gleichstellung
    2. a) Kinder- und Jugendhilfe

    Bearbeitungsstau bei Kita-Anträgen      

    Ganztagsbetreuung trotz Elternzeit?     

    Hortbetreuung: Was ist bedarfsgerecht? (Fortsetzung aus den Vorjahren)          

    Hortbetreuung am Ende der Grundschulzeit (Fortsetzung aus 2019)       

    Plötzlich angeordneter Umzug bedroht Ausbildung       

    1. b) Arbeitsförderung (SGB III)
    2. c) Soziale Beratung und Hilfe für Bezieher von Arbeitslosengeld II

    Alle Jahre wieder! (Fortsetzung aus den Vorjahren)       

    Schnelle Lösung nötig: Sonderbedarfe für Ofen und Heizung     

    Existenz ist zu sichern   

    1. d) Sozialhilfe
    2. e) Weitere gesetzliche Sozialversicherungen
    3. f) Tätigkeit zur Wahrnehmung der Belange von Menschen mit Behinderungen

    Petitionen von und für Menschen mit Behinderungen  

    Bessere Bedingungen für Gebärdensprachendolmetscher          

    Urlaubsanspruch in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)      

    Zuständigkeiten im Reha-Recht

    Teilhabe muss umfassend sein 

    1. ZUSAMMENARBEIT MIT ANDEREN OMBUDSINSTITUTIONEN

    Das Amt des parlamentarisch gewählten Bürgerbeauftragten gibt es in unserem Land seit mehr als 25 Jahren. Niemals in dieser Zeit gab es eine solche Herausforderung wie die Corona-Pandemie im Jahr 2020. Eine Herausforderung für Regierung und Verwaltung, eine Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft, eine Herausforderung für fast jeden einzelnen Menschen.

    Es ist klar, dass auch der Bürgerbeauftragte und seine Dienststelle in solch einem Jahr besonders gefordert waren. Die Zahl der Eingaben, Beschwerden und Anliegen erreichte mit 2.035 eine Rekordhöhe. Zusätzlich sind Hunderte von mündlichen und kürzeren schriftlichen Anfragen bearbeitet und dokumentiert, ungezählte weitere Schnellauskünfte darüber hinaus am Telefon gegeben worden.

    Die Pandemie hat zu tiefen Veränderungen unseres Lebens geführt und zu tiefen Eingriffen in Rechte, Pflichten und Gestaltungsmöglichkeiten. Naturgemäß. Denn Leben und Gesundheit müssen geschützt werden. In unserer Verfassungsordnung müssen Eingriffe aber verhältnismäßig sein, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen. Die Fragen vieler Bürgerinnen und Bürger galten nicht nur dem Inhalt der in schneller Folge geänderten Corona-Verordnungen. Sie galten auch zunehmend der Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen, etwa für Menschen in Pflegeheimen oder bei der Bewegungsfreiheit. Dann aber waren nicht nur Auskunft und Rat des Bürgerbeauftragten und seiner Mitarbeiter gefragt, sondern auch Tat und Einsatz gegenüber dem Normgeber.

    Die meisten Verwaltungsbereiche waren von Auswirkungen der Pandemie betroffen. Manches musste sich unter den Krisenbedingungen erst finden. Erreichbarkeit und Bearbeitungsdauer haben oft gelitten. Vieles war und ist immer wieder zu klären, zu entscheiden und zu leisten. Und trotzdem blieb die öffentliche Verwaltung 2020 - bei aller Kritik in einzelnen Bereichen – am Ende doch reaktions- und funktionsfähig.

    Um die besten Lösungen ringen, Sorgen und Einwänden Gehör verschaffen, Abwägungen einfordern und Fehler konkret ansprechen: Das bleibt nötig. Das ist die Aufgabe eines Bürgerbeauftragten. Kritik, die aufbauen will, führt in der Debatte weiter. Sie stärkt das Vertrauen in die demokratische Meinungsbildung und die Vernunft politischer Entscheidungen. Vertrauen ist ja die Basis unseres Gemeinwesens. Gerade 2021, dem zweiten Jahr, das uns viel Kraft abverlangen wird.

    Matthias Crone
    Bürgerbeauftragter des Landes Mecklenburg-Vorpommern

    Schwerin, im März 2021

    Die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern regelt in Art. 10 das Petitionsrecht. Danach hat jeder das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen mit Vorschlägen, Bitten oder Beschwerden an Behörden und an die Volksvertretung zu wenden. Ergänzend dazu ist das Amt des Bürgerbeauftragten in Art. 36 der Landesverfassung verankert. Das Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz (PetBüG) von 1995 gestaltet Artikel 36 aus. Gemäß § 6 Abs. 1 PetBüG ist es die Aufgabe des Bürgerbeauftragten,

    • die Rechte der Bürger gegenüber der Landesregierung und den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Lande zu wahren,
    • die Bürger in sozialen Angelegenheiten zu beraten und zu unterstützen sowie
    • insbesondere die Belange von Menschen mit Behinderung wahrzunehmen.

    Mit diesem Auftrag ist dem Bürgerbeauftragten nicht nur die Behandlung von Petitionen im klassischen Sinn zugewiesen. Die vorgesehene Beratung und Unterstützung in sozialen Angelegenheiten und die hervorgehobene Wahrnehmung der Belange von Menschen mit Behinderung richten das Amt methodisch besonders auf Beratung und Hilfe aus. Gerade im „Corona-Jahr“ 2020 war diese Dienstleistung nachgefragt.

    Inhaltlich ist die Arbeit des Bürgerbeauftragten stark durch soziale und sozialrechtliche Themen bestimmt. In den letzten Jahren bezog sich knapp die Hälfte der Eingaben und Anfragen auf diese Themenbereiche. Auch 2020 änderte sich dies mit 914 Fällen (Vorjahr: 827) kaum. Ihr Anteil am Gesamtaufkommen sank leicht auf 45 Prozent.

    In den letzten drei Jahren pendelte die Gesamtzahl der Petitionen pro Jahr um 1.740. 2020 steigerte sich diese Zahl – coronabedingt – auf 2.035 Fälle, in denen Bürgerinnen und Bürger Auskunft, Beratung und Unterstützung erbeten haben. Dies ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr (1.749 Petitionen) um 286 Fälle oder ca. 16 Prozent und der höchste Wert in der 25jährigen Geschichte des Bürgerbeauftragten. 385 Petitionen wiesen einen unmittelbaren Corona-Bezug auf.

    In dieser Gesamtzahl ist lediglich die Anzahl der angelegten Petitionsakten enthalten – also die Fälle, in denen umfangreichere Bearbeitungen notwendig waren wie z.B. das Anschreiben der zuständigen Behörden, Prüfungen der Sach- und Rechtslage oder ausführlichere Auskünfte und Beratungen. Nicht mitgezählt wurden – wie schon immer – einfachere, oft telefonische Anfragen ohne größeren Arbeitsaufwand. Gerade diese Auskünfte und Kurzberatungen beschäftigten aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bürgerbeauftragten 2020 stark. So gingen beispielsweise an einem Tag nur bei der zentralen Telefonnummer des Bürgerbeauftragten über 60 Anrufe mit Fragen und Anliegen zu den Corona-Bestimmungen ein. Hinzu kamen weitere Anrufe bei den Durchwahlnummern der Mitarbeiter sowie eine große Anzahl von Anfragen per E-Mail, die umgehend beantwortet werden mussten.

    Bei der Verteilung nach Sachthemen zeigten sich – coronabedingt – deutliche Verschiebungen in den Schwerpunkten. Der stärkste Anstieg ergab sich im Ordnungsrecht, in dem allein 212 Petitionen mit Corona-Bezug gezählt wurden. Insbesondere Fragen zu Freiheitseingriffen sind hier eingeordnet. Ebenso wurden im Bereich der Angelegenheiten der Menschen mit Behinderung zum Schwerpunkt im Sozialgesetzbuch IX mit 247 deutlich mehr Petitionen erfasst (Vorjahr: 136). Der Anstieg war hier jedoch nur teilweise auf die Pandemie zurückzuführen (54 Petitionen).

    • 1 PetBüG erlaubt es, die Eingaben an den Bürgerbeauftragten auch mündlich vorzutragen. Wieder wurde der überwiegende Anteil der Anliegen persönlich oder telefonisch geschildert, nämlich in 1.127 Fällen (Vorjahr: 1.144). So wurden 299 Anliegen (434) bei Sprechtagen und 34 (104) in der Dienststelle des Bürgerbeauftragten neu vorgetragen; weitere 794 (606) gingen telefonisch ein. Dieser niedrigschwellige Zugang wird immer noch am meisten genutzt, nämlich in ca. 55 Prozent der Fälle (Vorjahr: ca. 66 Prozent). Der prozentuale Rückgang erklärt sich mit den Einschränkungen im Berichtsjahr bei den persönlichen Kontakten. Insbesondere mussten Besuche in der Dienststelle zeitweise unterbleiben und Sprechtage in Telefonsprechstunden umgewandelt werden. Im Gegenzug verlagerte sich die Kommunikation wieder mehr auf das Schriftliche. Per Brief erreichten den Bürgerbeauftragten 228 (186) Eingaben, während der elektronische Weg über E-Mail, Kontaktformular der Webseite und vereinzelt Telefax 679mal (419) genutzt wurde.

    Ziel der Arbeit des Bürgerbeauftragten ist es, die Bürger möglichst schnell zu beraten und ihre Anliegen, soweit notwendig, an die zuständigen Behörden heranzutragen. Gerade im Berichtsjahr war aufgrund der häufigen Änderungen der Corona-Bestimmungen in vielen Fällen eine besondere Eilbedürftigkeit gegeben. Allerdings gibt es natürlich auch Petitionen, bei denen ein Abschluss wegen umfangreicherer Recherchen, ausstehender Stellungnahmen der Verwaltung oder schwierig erreichbarer Lösungen auch lange dauern kann.

    Von den 2.035 Petitionen, die 2020 an den Bürgerbeauftragten gerichtet wurden, waren am 15.03.2021 bereits 1.662 abgeschlossen. In ca. 22 Prozent dieser Erledigungen wurde dem Anliegen voll oder teilweise entsprochen. Der große Beratungsbedarf spiegelt sich ebenfalls in der Statistik wider, denn bei fast 58 Prozent der erledigten Petitionen konnte den Bürgern durch Auskunft und Beratung geholfen werden.

    Sprechtage im ganzen Land sind ein Angebot an die Bürger, den Bürgerbeauftragten persönlich und vor Ort sprechen zu können. Dabei wurden nicht nur neue Anliegen aufgenommen, sondern mit Petenten auch der Fortgang in laufenden Verfahren beraten. Die Sprechtage wurden in gut erreichbaren öffentlichen Räumen durchgeführt, zumeist in Kommunalverwaltungen. Die Verwaltungen vor Ort unterstützten so und durch die Bekanntmachungen der Sprechtage die Arbeit des Bürgerbeauftragten. Der Bürgerbeauftragte nutzte die Termine in der Regel auch dazu, Probleme und Anliegen mit den Verantwortlichen direkt zu beraten und Lösungen zu finden sowie Ortstermine durchzuführen.

    Da 2020 die Durchführung von Sprechtagen vor Ort durch die coronabedingten Einschränkungen nicht immer möglich war, wurden 10 von 45 Sprechtagen ersatzweise telefonisch durchgeführt (in der folgenden Tabelle mit „T“ markiert). Zwei Sprechtage wurden von der Fachreferentin für Fragen des SGB II wahrgenommen.

    Statistisch verteilen sich die Petitionen im Wesentlichen gleichmäßig über das Land. Aus den sechs größten Städten wurden insgesamt 598 Petitionen eingereicht (29 %), wobei die Landeshauptstadt Schwerin wohl auch aufgrund der dortigen Dienststelle des Bürgerbeauftragten überdurchschnittlich vertreten ist.

     

    Die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit des Bürgerbeauftragten dient dazu, die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern über das Angebot und die Arbeit des Bürgerbeauftragten zu informieren. Zugleich soll auf Probleme und auch Lösungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht werden, um Qualitätsverbesserungen in den Verwaltungen zu erreichen.

    Bewährt haben sich die Zusammenfassungen im Halbjahresgespräch und im Jahresrückblick. In einem NDR-Live-Chat beantworte der Bürgerbeauftragte Zuhörerfragen; hierdurch war auch eine Resonanz im Petitionseingang spürbar.

    Die Beschränkungen infolge der Coronapandemie führten zwar auf der einen Seite zu einem Wegfall klassischer Formen der Öffentlichkeitsarbeit, auf der anderen Seite zu verstärkten Mediennachfragen und Informationen des Bürgerbeauftragten. Eine Veranstaltung zum 25jährigen Bestehen des Amtes und des PetBüG ließ sich nicht verwirklichen. Dafür kamen neue Formate hinzu, an denen der Bürgerbeauftragte als Referent mitwirkte, zum Beispiel ein „Webinar“ zum Thema „Zweitwohnen/Zweiheimisch“ als Chance für den ländlichen Raum.

    Ein Schwerpunkt der Öffentlichkeitsarbeit lag im Bereich der Belange von Menschen mit Behinderung, deren Anliegen dem Bürgerbeauftragten gesetzlich besonders zugewiesen sind. Der Bürgerbeauftragte informierte die Öffentlichkeit insbesondere über die Ergebnisse der Beratungen mit den Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange von Menschen mit Behinderung. Gerade auch zu den coronabedingten Schwierigkeiten für die Betroffenen bezog der Bürgerbeauftragte öffentlich Stellung.

    Die Reihenfolge der weiteren Darstellung entspricht der Reihung der Parlamentsausschüsse.

    1. Innen- und Europapolitik

    Regelmäßig fällt ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Petitionen in den Zuständigkeitsbereich des Innenausschusses. Im Berichtsjahr wurden hierzu 406 Petitionen gezählt (Vorjahr: 377). Neben typischen innenpolitischen Themen wie z.B. Ausländer- und Polizeiangelegenheiten oder dem Recht des öffentlichen Dienstes werden vor allem viele lokale Anliegen vorgetragen, die dem eigenen Wirkungskreis der kommunalen Körperschaften zuzuordnen sind.

    Entsprechend vielgestaltig sind die Inhalte, die in diesem Bereich beim Bürgerbeauftragten angesprochen werden. Es geht z.B. um kommunale Infrastruktur, wie der Bau und die Unterhaltung von Straßen, Gehwegen, Laternen oder Regenentwässerung (39). Verkauf von Grundstücken, Vermietungen und Verpachtungen der Kommunen werden häufiger angesprochen (47), ebenso wie Fragen zur Bürgerbeteiligung bei den kommunalen Vertretungskörperschaften (21).

    Im Berichtsjahr waren deutlich mehr Eingaben zu den kommunalen Gebühren und Beiträgen zu verzeichnen (83, Vorjahr: 60). Sie betrafen sowohl die Erhebung von Ausbaubeiträgen wie auch die Berechnung von Verbrauchsgebühren, die bei mehreren Zweckverbänden für massive Kritik sorgten. Auch zu den Kurabgaben erreichten den Bürgerbeauftragten wiederholt Anfragen und Beschwerden.

    Wie im Vorjahr wurde in 31 Petitionen erneut der Bereich des öffentlichen Dienstrechts angesprochen. Auch 2020 ging es dabei zu einem erheblichen Teil um die Altersbezüge von ehemals öffentlichen Bediensteten, insbesondere früheren Angehörigen der Deutschen Volkspolizei.

    Die Anzahl der Petitionen mit ausländerrechtlichen Bezug reduzierte sich von 38 auf 24. Hierbei ging es im Wesentlichen um Aufenthaltserlaubnisse.

    Einschränkungen durch Corona

    Auch im Bereich des Innenausschusses bezogen sich Petitionen auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie. So gab es z.B. während des ersten Lockdown Beschwerden darüber, dass kommunale Verwaltungen geschlossen oder nicht erreichbar waren. Auch die zeitweise Unmöglichkeit der Anmeldung von (Neben)Wohnsitzen in Mecklenburg-Vorpommern wurde kritisiert. Andere Bürger beklagten sich über fehlende Kontrollen der Maskenpflicht in öffentlichen Einrichtungen. Diese Beschwerden gab der Bürgerbeauftragte an die zuständigen Verwaltungen mit der Bitte um Überprüfung und Herbeiführung bürgerfreundlicher Lösungen weiter.

    Einzelne Beschwerden betrafen auch konkrete Handlungen von Polizeibeamten zur Durchsetzung der Corona-Bestimmungen. So beklagte sich ein Einheimischer darüber, dass er zu Beginn des ersten Lockdown an einem mecklenburgischen Bahnhof gehindert worden sei, nach Niedersachsen zu seiner Familie zu fahren. zu diesem Zeitpunkt gab es zwar Einreise-, niemals aber Ausreiseverbote (vgl. hierzu auch unter 4.)

    Anfragen bezogen sich auch darauf, ob bei kommunalen Dauercampingplätzen, die wegen der Corona-Bestimmungen geschlossen werden mussten, weiterhin das monatliche Entgelt zu entrichten sei. Hier erläuterte der Bürgerbeauftragte den Petenten, dass bei einer tatsächlichen Belegung der Parzelle mit einem Wohnwagen dieser Platz auch ohne die konkrete Nutzungsmöglichkeit bezahlt werden musste. Anders sieht es hingegen aus, wenn wegen der Schließung die Parzelle gar nicht bezogen werden konnte. Hierzu musste der Bürgerbeauftragte in einem Fall die Gemeindeverwaltung energisch auffordern, vorab geleistete Zahlungen wieder an die Petenten zurück zu erstatten, damit die Verwaltung tatsächlich ihrer rechtlichen Verpflichtung nachkam.

    In die gleiche Richtung gingen Fragen von Bürgern, ob sie trotz zeitweilig verweigerter Einreise die Zweitwohnungssteuer für die eigene Ferienwohnung im Land und die jährliche Kurabgabe vollständig entrichten müssten. Hier informierte das Innenministerium auf Anfrage, dass nach der Rechtsprechung auch eine zeitweilige Nutzungsmöglichkeit ausreiche, damit die vollständige Abgabe bzw. Steuer erhoben werden dürfe. Dies sorgte bei den Bürgern, die an der Nutzung gehindert waren, für Unverständnis und Unmut.

    Rente für Volkspolizisten: Verpflegungsentgelte zählen doch nicht mit

    Mehrere ehemalige Volkspolizisten hatten schon vor einigen Jahren bei der Rentenstelle der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern beantragt, dass Verpflegungsgeld, welches sie zu DDR-Zeiten neben ihrem Lohn erhalten hatten, als Arbeitsentgelt angesehen wird. Dies ist wichtig, da nur Arbeitsentgelt für die Berechnung der Rente herangezogen wird. Insgesamt wandten sich in den Jahren 2019 und 2020 ca. 20 ehemalige Volkspolizisten und NVA-Soldaten zu diesem Thema an den Bürgerbeauftragten.

    So hatte einer der Petenten bereits im März 2009 beantragt, dass die Rentenstelle der Polizei auch das Verpflegungsgeld als Arbeitseinkommen anerkennt und in die entsprechende Meldung an die Rentenversicherung aufnimmt. Die Rentenversicherung selbst führt keine Prüfungen durch, in welcher Höhe zu DDR-Zeiten Arbeitsentgelt bezahlt wurde. Sie übernimmt nur die Zahlen, die ihr von der Rentenstelle der Polizei gemeldet werden. Wird von dort ein höheres Einkommen gemeldet, dann fällt im Ergebnis auch die Rente höher aus. Die Rentenstelle der Polizei war 2009 dem Antrag nicht gefolgt, hatte also das Verpflegungsgeld nicht als Einkommen gewertet und an die Rentenversicherung dementsprechend kein höheres Einkommen gemeldet. Das laufende Widerspruchsverfahren wurde ruhend gestellt, da verschiedene Gerichtsverfahren anhängig waren. 2019 hat das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern dann entschieden, dass auch das Verpflegungsgeld der früheren Deutschen Volkspolizei als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen ist.

    Daraufhin bat der Bürger bei der Rentenstelle der Polizei, das Widerspruchsverfahren jetzt in seinem Sinne zu entscheiden. Dies tat die Rentenstelle auch: Sie bescheinigte gegenüber der Rentenversicherung nun ein höheres Arbeitsentgelt des Petenten, denn jetzt wurde ja auch das Verpflegungsgeld berücksichtigt. Schon dieses Verfahren bei der Rentenstelle der Polizei wurde wegen seiner Dauer durch den Bürgerbeauftragten begleitet.

    Der Petent bekam in der Folge einen geänderten Rentenbescheid. Die monatliche Rente fiel nun folgerichtig höher aus. Für die Vergangenheit gab es eine Nachzahlung, allerdings nur für vier Jahre rückwirkend (Rückzahlung ab 2015). Die Rentenversicherung berief sich hierfür auf § 44 SGB X.

    Nach § 44 Absatz 1 und 4 SGB X kann ein Verwaltungsakt, der rechtswidrig ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Wird er zurückgenommen, dann werden Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme – wie hier – auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, der Antrag anstelle der Rücknahme.

    Schon vor Erlass des geänderten Rentenbescheides hatte sich der Bürgerbeauftragte an die Rentenversicherung gewandt und darauf hingewiesen, dass seiner Ansicht nach auf den damaligen Antrag bei der Rentenstelle der Landespolizei abgestellt werden muss: Da dieser schon 2009 gestellt worden sei, müsse von diesem Zeitpunkt aus gerechnet für vier Jahre zurück die erhöhte Rente nachgezahlt werden (damit Nachzahlung ab 2005).

    Die Rentenversicherung war dieser Argumentation in einem Schreiben an den Bürgerbeauftragten zunächst nicht gefolgt. Sie argumentierte ganz formal: Die Rentenstelle der Landespolizei sei als „Sonderversorgungsträger“ kein Sozialversicherungsträger im Sinne des § 16 SGB I. Nur wenn ein Antrag bei einem Sozialversicherungsträger, also etwa der Deutschen Rentenversicherung, gestellt worden sei, könne eine Nachzahlung zurück bis zur Antragstellung erfolgen. Die Antragstellung bei der Rentenstelle der Polizei genüge nicht.

    Der Petent legte Widerspruch gegen den Rentenbescheid ein und wurde hierbei wiederum durch den Bürgerbeauftragten unterstützt. Der Bürgerbeauftragte argumentierte gegenüber der Rentenversicherung, dass es seinerzeit (2009) für den Petenten überhaupt keinen Anlass gegeben habe, bei der Rentenversicherung einen Antrag zu stellen. Denn für die Anerkennung des Verpflegungsgeldes als Entgelt war unstreitig allein die Rentenstelle der Polizei zuständig, die dann – wie in allen vergleichbaren Fällen – ohne weitere Beteiligung des Betroffenen die entsprechende Meldung an die Rentenversicherung vorgenommen hat. Ein Antrag bei der Rentenversicherung wäre also ins Leere gegangen.

    Nach nochmaliger Prüfung teilte die Deutsche Rentenversicherung Bund daraufhin mit, dass die Rentenversicherungsträger mittlerweile eine Neuregelung beschlossen hätten. Ab sofort sollten in allen noch nicht abgeschlossenen Neufeststellungsverfahren die Anträge bei einem Sonderversorgungsträger – etwa der Rentenstelle der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern – zugleich als Antrag für die Berechnung der Frist der rückwirkenden Leistungserbringung nach § 44 SGB X angesehen werden. Für den Petenten brachte dies eine weitere Nachzahlung mit sich.

    Im Dezember 2020 ergab sich für die Betroffenen aber eine ganz neue Entwicklung: Anders als mehrere Landessozialgerichte entschied das Bundessozialgericht, dass das Verpflegungsgeld der Volkspolizisten zu DDR-Zeiten kein rentenwirksames Entgelt gewesen sei, sondern eine zusätzliche Zahlung mit „überwiegend betriebsfunktionaler Zielsetzung“. Das Innenministerium teilte daraufhin mit, dass noch laufende und künftige Anträge daher abgelehnt würden. Wie mit den bereits positiv beschiedenen Anträgen umgegangen werde, würde derzeit geprüft. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.

    Stasi-Opfer wird ausgebürgert

    Gesetzliche Aufgabe des Bürgerbeauftragten ist es vor allem, die Rechte der Bürger gegenüber der öffentlichen Verwaltung zu wahren. Manchmal sind es tiefe Eingriffe in bürgerliche Rechte, die seinen Einsatz fordern. Über sieben Monate benötigte er im Berichtsjahr für die Klärung eines besonders schwerwiegenden Falls.

    Ein während der DDR-Zeit in Mecklenburg aufgewachsener deutscher Bürger wurde in den 80er Jahren durch das Ministerium für Staatssicherheit aus politischen Gründen über Jahre ausgespäht und letztlich verhaftet. 1988 wurde er zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Mit der friedlichen Revolution 1989 kam er frei, litt in der Folge jedoch an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Panikattacken und Depressionen.

    Um befürchteten weiteren Nachstellungen durch ehemalige Stasi-Strukturen zu entgehen, reiste der Bürger 1993 mit einem Touristenvisum nach Kanada. Obwohl er in der Folgezeit eine Kanadierin heiratete, mit dieser Kinder hatte und auch selbstständig tätig war, beantragte er aus verschiedenen Gründen keine Aufenthaltserlaubnis.

    Anfang 2018 zog der Mecklenburger wieder zurück in seine Heimat. Hierzu nutzte er einen vorläufigen deutschen Reisepass, den ihm ein deutsches Konsulat in Kanada aufgrund seiner abgelaufenen deutschen Dokumente ausgestellt hatte. Trotzdem wurde er bei seiner Wiederanmeldung in seiner Heimatstadt an die Ausländerbehörde verwiesen. Nachdem er seinen bisherigen Lebenslauf berichtet hatte, wurde ihm seitens dieser Behörde vorgehalten, er müsse aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes zwischenzeitlich Kanadier geworden sein. Dann könne er rechtlich aber kein deutscher Staatsbürger mehr sein. Dem Petenten wurden deshalb neue deutsche Ausweispapiere verweigert und mündlich ein Arbeitsverbot erteilt. Damit begann für den Petenten ein zweieinhalbjähriger Kampf um seine Rechte als deutscher Staatsbürger.

    In der Folge forderte die Behörde den Rückkehrer auf, an der Klärung seiner Staatsangehörigkeit „mitzuwirken“. Konkret sollte er beweisen, dass er kein Kanadier geworden sei. Zudem sollte er einen Antrag auf Feststellung seiner deutschen Staatsangehörigkeit stellen. Hierfür musste er zunächst die Erlangung dieser Staatsbürgerschaft durch Geburt und seine eigene Identität nachweisen. Da die kanadische Botschaft keine Auskünfte an andere Staaten erteilt, wurde der Bürger aufgefordert, selbst bei den kanadischen Behörden einen Antrag auf Überprüfung einer kanadischen Staatsbürgerschaft zu stellen. Dem kam er nach eigenen Angaben auch nach, erhielt aber keine Antwort.

    Seit seiner Rückkehr wurde der Bürger von alten Freunden unterstützt. Ohne Ausweispapiere konnte der Petent keiner Arbeit nachgehen und auch keine Sozialleistungen beziehen. Finanzielle Mittel für eine Krankenversicherung oder die Anmietung einer Unterkunft hatte er ebenfalls nicht. Dank seiner Freunde konnte er ein möbliertes Zimmer beziehen, erhielt er Unterstützung für den Lebensunterhalt und ihm wurde eine Krankenversicherung bezahlt. Ohne diese Hilfe hätte ihm die Obdachlosigkeit gedroht.

    Im September 2019, fünfzehn Monate nach seiner versuchten Anmeldung, erließ die Ausländerbehörde einen Bescheid, wonach der Petent nicht mehr im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit sei. Dieses begründete die Behörde zum einem mit der angeblich fehlenden Mitwirkung des Petenten, zum anderen sei es u.a. aufgrund des langen Aufenthalts in Kanada, des dortigen Aufbaus einer Familie und seiner Erwerbstätigkeit „realistisch“, dass er die kanadische Staatsbürgerschaft angenommen und dadurch zugleich die deutsche verloren habe.

    Zu diesem Zeitpunkt war der Petent schon verzweifelt. Die massiven Aufforderungen der Behörde überforderten ihn und ließen für ihn schlimme Erinnerungen an seine Haftzeit wieder aufleben. Vor dem Hintergrund seiner psychischen Erkrankung öffnete er zunächst den Brief mit der Entscheidung der Behörde nicht. Damit lief die Widerspruchsfrist ab und der Petent wurde staatenlos.

    Nachdem die Freunde des Heimkehrers von der Entscheidung erfahren hatten, baten sie nach verschiedenen anderen Versuchen im April 2020 den Bürgerbeauftragten um Hilfe. Dieser wandte sich unverzüglich an den Oberbürgermeister und bat um Aufhebung des offenkundig rechtswidrigen Bescheides. Es gebe keine generelle Annahme, dass ein Deutscher bei längerem Aufenthalt im Ausland auch die ausländische Staatsbürgerschaft angenommen haben müsse. Daher müsse auch kein Deutscher nach langem Auslandsaufenthalt und bei Familiengründung im Ausland nachweisen, dass er weiterhin Deutscher sei. Vielmehr müsse allein die Behörde in Staatsbürgerschaftsfragen bei Deutschen den Beweis führen, dass dieser Ausländer geworden sei. Diesen Beweis könne die Ausländerbehörde aber nicht erbringen.

    Trotz intensiver Bemühungen gelang es dem Bürgerbeauftragten lange Zeit nicht, die Stadt von seiner Argumentation zu überzeugen – nicht zuletzt, weil zunächst auch das Innenministerium als Fachaufsicht die Stadt unterstützte. Überhaupt erhielt der Bürgerbeauftragter im gesamten Petitionsverfahren entgegen der gesetzlichen Regelung keine schriftliche Stellungnahme der Stadt. Mehrfache Bitten für eine persönliche Erörterung wurden ebenfalls ignoriert.

    Auf Empfehlung des Bürgerbeauftragten beantragte der Petent aufgrund seiner durch ärztliche Gutachten belegten psychischen Erkrankung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – was die Stadt trotz förmlicher Empfehlung des Bürgerbeauftragten gegenüber dem Petenten ablehnte.

    Dieses Ergebnis konnte der Bürgerbeauftragte nicht hinnehmen und recherchierte bei kanadischen Behörden. Nach wiederholter Anfrage teilte die staatliche kanadische Krankenversicherung mit, dass der Petent dort nicht versichert gewesen sei. Da aber alle kanadischen Staatsbürger verpflichtet sind, Mitglied dieser Krankenversicherung zu sein, konnte der Petent kaum Kanadier geworden sein.

    Mit dieser Auskunft konnte der Bürgerbeauftragte die förmliche Empfehlung an den Oberbürgermeister aussprechen, den Bescheid unverzüglich aufzuheben. Hierüber informierte er auch das Innenministerium und bat um Unterstützung. Erst danach nahm die Ausländerbehörde den Bescheid zurück. Sie räumte ein, dass er rechtswidrig gewesen sei. Damit war der Petent wieder offiziell Deutscher und erhielt Ausweispapiere.

    Eine Entschuldigung oder gar eine Entschädigung erhielt der Petent von der Stadt nicht, obwohl ihm durch diesen unverständlichen Rechtsverstoß Jahre seines Lebens und soziale Leistungsansprüche verloren gingen.

    Rechtzeitige Einbeziehung hätte Ärger verhindert

    Ein Ehepaar meldete sich beim Bürgerbeauftragten. Ohne vorherige Information sei auf einem städtischen Grundstück unmittelbar vor dem Giebel ihres Hauses eine Spielplatzkombination mit Kletterturm errichtet worden. Dieser sei mit rund 10 Metern so hoch wie das Haus selbst. Von dort könne man direkt in ihr Wohn- und Schlafzimmer blicken. Dies sei sehr unangenehm. Eine Kettenbrücke sowie eine Metallrutsche führten bei Benutzung zu unerträglichem Lärm. Besonders störend sei die Nutzung durch Jugendliche in den späten Abendstunden, wenn z.B. Getränkedosen die Metallrutsche herunterrollen würden.

    In dem Wohngebiet aus den 90er Jahren gibt es drei Spielflächen und Grünbereiche, die auch im Bebauungsplan festgesetzt sind. Die Stadt hatte beschlossen, eine der Spielflächen aufzuwerten und mit neuen Spielgeräten auszubauen. Eine Einbeziehung oder Information der unmittelbaren Nachbarn fand nicht statt. Im Dezember 2019 wurde das Spielgerät aufgebaut und teilweise von bis zu 30 Kindern bis ins obere Teenageralter genutzt.

    Die Petenten forderten den (zumindest teilweisen) Rückbau des Turms oder ein Versetzen auf eine von den Wohnhäusern entferntere Fläche. Eine solche Fläche gebe es an zwei Stellen im Wohngebiet.

    Der Bürgerbeauftragte kritisierte die fehlende Information der Anwohner und argumentierte gegenüber der Stadt, dass Konflikte vermeidbar gewesen wären, wenn man genügend Abstand zur Wohnbebauung eingehalten hätte.

    Zunächst verteidigte der Bürgermeister die Entscheidung. Der Bürgerbeauftragte regte dennoch eine weitere Prüfung und einen Ortstermin an. Die Stadt setzte sich dann direkt mit den Petenten in Verbindung. Gemeinsam mit dem zuständigen Amt und einigen Stadtvertretern traf der Bürgermeister die Anwohner vor Ort. Dabei wurde mündlich eingeräumt, dass die Standortentscheidung gerade im Hinblick auf die Höhe des Gerätes auch kritisch gesehen werden könnte. Auch der Bürgerbeauftragte beriet mit den Bürgern an Ort und Stelle.

    Nach weiteren Nachfragen bei der Stadt erfolgte zwar nicht der Rück-, aber ein Umbau des vorhandenen Spielgerätes. Die Kettenbrücke wurde in eine feste Balancierbrücke umgebaut. Die Rutsche und die Schwingscheibe aus Metall wurden schallgedämmt. Es wurde eine Nutzungsordnung festgelegt, die eine Altersbegrenzung und Nutzungszeiten regelt. Zum bleibenden Unmut der Petenten erfolgte allerdings keine Reduzierung der Höhe, da die Stadt diesen Aufwand als zu groß bezeichnete.

    So wurde ein Problem allenfalls leidlich gelöst, das durch vorherige Beteiligung gar nicht entstanden wäre.

    Regenentwässerung: Lösungen dauern länger

    Im Sommer 2019 verursachten Starkregen vielerorts erhebliche Schäden. In den betroffenen Regionen gab es viele Beschwerden, dass Regenentwässerungen das Wasser nicht genügend ableiteten. Tatsächlich sind die Systeme oft nur für den durchschnittlichen Niederschlag ausgelegt. Schäden durch außergewöhnliche Regenereignisse können daher nicht immer verhindert werden. Nicht bei allen Beschwerden zu Regenentwässerungen konnten Verbesserungen erreicht werden. In manchen Fällen sind Mängel bei der Unterhaltung zu Tage getreten, die dann auch abgestellt wurden. In einigen Orten erfolgten aber auch kleinere oder größere Umbauarbeiten, um zukünftige Schäden zu vermeiden.

    In einigen Bereichen gab es aber große Probleme, da dort schon bei normalen Regenfällen Schwierigkeiten aufgetreten waren:

    • So meldete sich ein Ehepaar aus einer Kleinstadt. Sein Haus liegt an der tiefsten Stelle der Straße. Die Regenwassereinläufe funktionierten nicht, da sie möglicherweise zugesetzt oder nicht richtig angeordnet seien. Es sei zu Schäden gekommen. Auf die Beschwerde bei der Stadt habe diese mit einer Meldung an den Kommunalen Schadensausgleich reagiert, der eine Schadensregulierung abgelehnt hatte. Änderungen vor Ort erfolgten nicht.   
      Der Bürgerbeauftragte trat an die Stadt mit Vorschlägen der Anwohner heran, die Regenwassereinläufe zu erneuern und den Ablauf von Regenwasser von der Straße besser zu kanalisieren. Nach drei Monaten erhielt er die Zusage, dass die Vorschläge geprüft würden. Wegen der bestehenden Gefällelage sei aber keine einfache Lösung möglich. Auf Nachfragen kam letztlich nach weiteren vier Monaten ein Termin vor Ort mit dem Bürgerbeauftragten, der Stadt und den Petenten zustande. Im Ergebnis sollte der Einlauf erneuert und ein Zulauf profiliert werden.
      Fünf Monate später, während derer der Bürgerbeauftragte immer wieder nachhakte, wurden die Umbauarbeiten durchgeführt. Darüber hinaus wurde eine Reinigungsvereinbarung mit dem Zweckverband getroffen, damit sich die Anlage nicht mehr zusetzen kann.
    • Im letzten Jahresbericht hatte der Bürgerbeauftragte kurz über einen anderen Fall berichtet, in dem nach einem Überschwemmungsschaden die schon 2018 zugesagten Verbesserungen an der Straßenentwässerung auf sich warten ließen. Letztlich erfolgten bauliche Änderungen dann erst im ersten Quartal 2021. Nicht geklärt werden konnte allerdings bisher, ob die vorhandenen Anlagen überhaupt für die entwässerte Fläche ausreichend dimensioniert sind. Nach Ansicht des Petenten wird nämlich offenbar ein wesentlich größerer Straßenabschnitt in Richtung seines Hauses entwässert als von der Verwaltung angenommen. Hier erfolgt eine weitere Klärung durch den Bürgerbeauftragten.

    Abwasser: Die ungleiche Grundgebühr

    Kritik an den Abwassergebühren und -beiträgen ist auch im Berichtsjahr vor allem aus drei Zweckverbandsgebieten an den Bürgerbeauftragten gelangt. Ein Zweckverband änderte seine Regelungen und seine Argumentation zur Rechtfertigung seines Handelns innerhalb von 18 Monaten komplett.

    Schon Anfang 2019 beklagte sich eine Bürgerin beim Bürgerbeauftragten über eine deutliche Gebührensteigerung für die Abfuhr von Abwasser aus der abflusslosen Grube ihres Wohngrundstücks. Ihre rund einen Kubikmeter große Grube lasse sie jährlich bis zu viermal entleeren. Bisher habe sie dafür im Jahr ca. 90 EUR bezahlt. Nun würden ihr wegen einer Satzungsänderung Kosten von jährlich bis zu 400 EUR allein an Anfahrtspauschalen entstehen, zuzüglich der Mengengebühr für die abgefahrenen Kubikmeter.

    Der Abwasserzweckverband hatte in der neuen Satzung eine Pauschale von 100 EUR für jede Anfahrt vorgesehen, wenn die Bürger bis zu drei Kubikmeter abpumpen lassen. Für größere Abfuhrmengen sollte eine Pauschale von 80 EUR gelten und ab 6 Kubikmeter eine Pauschale von 50 EUR. Im Ergebnis war also der Gesamtbetrag einer Gebührenrechnung bei größerer Abfuhrmenge kleiner – nach Auffassung des Bürgerbeauftragten ein Verstoß gegen die Gebührengerechtigkeit und den Gleichheitssatz.

    Zunächst verteidigte der Zweckverband gegenüber dem Bürgerbeauftragten die gestaffelte Anfahrtspauschale mit dem Argument, dass kleine Auffangbehälter, wie man sie gerade auch bei Kleingärten findet, einen höheren Arbeitsaufwand bedingten als größere Behälter. Nach Hinweisen des Bürgerbeauftragten an den Zweckverband und das Innenministerium und vor allem nach Protesten der Kleingärtner reagierte der Zweckverband schließlich im Dezember 2019 mit der Änderung seiner Satzung rückwirkend zum Anfang 2019.

    Die Satzung sieht nun für die Nutzer abflussloser Gruben neben der verbrauchsabhängigen Mengengebühr nach dem Frischwasserverbrauch eine Jahresgrundgebühr von 500 EUR vor, sofern das Grundstück über einen eigenen Trinkwasseranschluss verfügt, wie dies für Wohngrundstücke typisch ist. Im Gegensatz dazu beträgt die Grundgebühr nur 50 EUR bei Gruben, denen kein eigener Trinkwasseranschluss zugeordnet ist, was bei Kleingartenparzellen oft der Fall ist. Bei ihnen wird auch nur die abgepumpte Menge berechnet.

    Für die nun betroffenen Eigentümer von Wohngrundstücken bedeutete dies eine Verschlechterung. Nach und nach wandten sich immer mehr Bürger aus dem Verbandsgebiet an den Bürgerbeauftragten und beklagten immense Gebührensteigerungen für die dezentrale Abfuhr von Abwasser.

    Die eingangs genannte Petentin sollte jetzt für die Entsorgung in einem Jahr ca. 530 EUR zahlen. Im Falle eines anderen Petenten, bei dem in diesem Jahr keine Abfuhr notwendig geworden war, enthielt die Gebührenrechnung für ausdrücklich null Kubikmeter eine verbrauchsunabhängige Grundgebühr von 500 EUR. Nach der früheren Satzung wären ihm keine Gebühren entstanden.

    Dass die zum Teil eklatanten Gebührensteigerungen als unverhältnismäßig empfunden werden, ist nachvollziehbar. Insbesondere erscheint zweifelhaft, warum je nach vorhandenem Trinkwasseranschluss Grundgebühren gelten sollen, die sich um den Faktor zehn unterscheiden. Das Vorhandensein eines eigenen Trinkwasseranschlusses führt schon zur Abrechnung nach dem (höheren) Trinkwassermaßstab anstelle der Berechnung nur nach der abgepumpten Menge. Dass aber der Entsorgungsvorgang deswegen kostenintensiver sein und eine derart große Ungleichbehandlung rechtfertigen soll, ist nicht zu verstehen.

    Der Zweckverband argumentiert nunmehr, dass die Abfuhr aus den Sammelgruben von Wohngrundstücken aufwendiger sei als die Abfuhr von Sammelgruben aus Kleingärten, für die man jetzt ja eigene Absaugfahrzeuge angeschafft habe. Das steht jedoch im direkten Widerspruch zu der früheren Begründung des Zweckverbandes: Er hatte noch im Juli 2019 zur vorherigen Satzung erklärt, dass die kleinen Gruben, wie es sie typischerweise in Kleingärten ohne eigenen Trinkwasseranschluss gibt, einen höheren Kostenaufwand verursachten als größere Sammelgruben. Hier liegt ein deutlicher Begründungsmangel vor. In diesem Punkt dürfte nach Auffassung des Bürgerbeauftragten die Satzung willkürlich und damit rechtswidrig sein.

    Der Zweckverband hat gegenüber der Kritik des Bürgerbeauftragten die Satzung verteidigt. Die eingeschalteten Rechtsaufsichtsbehörden im Innenministerium und Landkreis sahen die Regelungen noch im Bereich des weiten Gestaltungsermessens des Satzungsgebers.

    Der Bürgerbeauftragte hat gegenüber dem Zweckverband im Juli 2020 eine förmliche Empfehlung ausgesprochen, die Satzung zu korrigieren. Die unterschiedlichen Grundgebühren sollten beseitigt und der Verbrauchsmaßstab betont werden. Der Zweckverband berichtete hierzu, dass die Verbandsversammlung eine Satzungsänderung abgelehnt habe. Zunächst solle der Ausgang der anhängigen Klageverfahren abgewartet werden.

    Anschluss- und Ausbaubeiträge verjährt – ja oder nein?

    Grundsätzlich gilt für Abgaben nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) eine Verjährungsfrist von vier Jahren. Anschlussbeiträge wurden und werden in Mecklenburg-Vorpommern allerdings teilweise erst Jahre, manchmal Jahrzehnte, nach Abschluss von Baumaßnahmen erhoben. Eine Verjährung dieser Forderungen trat häufig nicht ein, da das KAG M-V die Bestimmung enthält, dass die Beitragspflicht frühestens „mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung“ beginnt. Da aber immer wieder Satzungen durch die Verwaltungsgerichte als rechtswidrig aufgehoben wurden, bestand die Gefahr, dass sich die Beitragspflicht und damit die Verjährung über Jahrzehnte verschieben konnte. Diese Rechtslage wurde vom Bundesverwaltungsgericht wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit gerügt. Der Gesetzgeber regelte daraufhin 2016 in § 12 Abs. 1 KAG M-V, dass die Verjährung unabhängig von dem Entstehen der Beitragspflicht spätestens 20 Jahre nach Eintritt der Vorteilslage (Abschluss der Baumaßnahme) endet, wobei der Lauf der Frist frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2000 beginnt. Trotz dieser Regelung ergeben sich in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten, wie die folgenden Fälle zeigen:

    • Im Juli 2020 wandte sich eine Bürgerin an den Bürgerbeauftragten. Sie berichtete, dass sie bereits 2008 einen Anschlussbeitrag in erheblicher Höhe entrichtet habe. Nun habe sie einen weiteren Bescheid über fast 7.000 EUR erhalten, da der Abwasserzweckverband (AZV) wegen einer Neubewertung ihres Grundstücks eine Nacherhebung vorgenommen hatte.   
      Mit Unterstützung des Bürgerbeauftragten legte die Petentin zunächst Widerspruch ein. Zeitgleich bat der Bürgerbeauftragte den Zweckverband um Überprüfung. Er machte geltend, dass die Beitragspflicht für das Grundstück der Petentin offenbar bereits früher entstanden sei und verjährt sein müsse.     
      Der Verband wollte aber an dem Bescheid festhalten. Auf eine Nachfrage des Bürgerbeauftragten gab er zwar an, dass die erste rechtswirksame Beitrags- und Gebührensatzung 2014 in Kraft getreten sei. Nach der 2016 eingeführten Regelung im KAG M-V sei die Festsetzungsfrist für alle Anschlussbeiträge aber frühestens mit Ablauf des Jahres 2020 verjährt. Somit sei keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Gleichzeitig teilte der AZV mit, dass er eine Aussetzung der Vollziehung nicht vornehmen werde und die Petentin damit unverzüglich den Beitrag zu bezahlen habe.
      Nun bat der Bürgerbeauftragte den Innenminister in seiner Funktion als oberste Rechtsaufsichtsbehörde um ein Einschreiten. Zum Jahresende 2020 teilte dieser mit, dass er die Auffassung des Bürgerbeauftragten teile. Der Bescheid sei rechtswidrig. Die sachliche Beitragspflicht sei mit dem Inkrafttreten der Änderungssatzung von 2014 als erste wirksame Satzung entstanden. Damit hätte ein Heranziehungsbescheid bis spätestens Jahresende 2018 ergehen müssen. Der Verband könne sich daher 2020 nicht auf die Verjährungshöchstdauer im aktuellen KAG M-V berufen. Parallel zu dieser Stellungnahme bat der Innenminister die zuständige untere Rechtsaufsichtsbehörde um ein Tätigwerden.        
      Zwischenzeitlich hatte der Verband allerdings bereits den ablehnenden Widerspruchsbescheid erlassen, wogegen die Petentin auf Anraten des Bürgerbeauftragten Klage erhob. Erst im Gerichtsverfahren nahm der Verband den Bescheid zurück.

    Manchmal gibt es aber auch einen anderen Grund für eine späte Beitragsfestsetzung:

    • In einem anderen Fall beklagte sich ein Bürger beim Bürgerbeauftragten, dass er für sein Grundstück für eine im Jahr 2003 durchgeführte Straßenbaumaßnahme zur Zahlung herangezogen wurde.          
      Die Prüfung in diesem Fall ergab allerdings, dass trotz der langen Zeitdauer die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist nach dem KAG M-V noch nicht abgelaufen war. Nach der dem Beitragsbescheid zugrundeliegenden Straßenbaubeitragssatzung entsteht die sachliche Beitragspflicht mit dem Abschluss der Baumaßnahme, sobald die endgültigen Kosten feststehen und der Grunderwerb grundbuchrechtlich durchgeführt ist. Wird bei einer Straßenbaumaßnahme, wie hier, nur eine Teileinrichtung der Anlage (hier: Straßenbeleuchtung) ausgebaut, ist nach der Rechtsprechung zusätzlich ein Beschluss über die Kostenspaltung erforderlich, damit die Beitragspflicht für die Kosten der Teilmaßnahme entsteht. Da dieser Kostenspaltungsbeschluss aber erst im Jahr 2020 gefasst wurde, entstand auch die sachliche Beitragspflicht erst in diesem Jahr. Somit erfolgte die Beitragserhebung auch 17 Jahre nach Fertigstellung des Straßenbaus noch rechtzeitig, da die Obergrenze von 20 Jahren nicht erreicht war.

    Kurabgaben: Hoch umstritten (Fortsetzung aus dem Vorjahr)

    Im Vorjahresbericht wurde die Diskussion um die Kurabgabenerhebung dargestellt. Gegenüber dem Bürgerbeauftragten hatte das Innenministerium sich bereit erklärt, den Kommunen Klarstellungen zur Reichweite des Gemeingebrauchs und der Abgabenpflicht an die Hand zu geben.

    Nach Abstimmung mit dem Bürgerbeauftragten gab der Innenminister im Jahr 2020 dazu einen Runderlass heraus. Hierin wurde den Gemeinden die Rechtslage zur Abgrenzung zwischen abgabefreiem Gemeingebrauch und Kurabgabepflicht, die sich aus dem Gesetzestext nicht leicht ergibt, erläutert.

    Die Abgrenzungsprobleme wurden durch weitere Petitionen im Berichtszeitraum deutlich. Es zeigt sich, dass ein Runderlass zur Anwendungspraxis kurzfristig zwar etwas mehr Klarheit bringen kann; mehr Rechtssicherheit zu den Abgrenzungsfragen könnte wohl nur eine gesetzliche Klarstellung im Kommunalabgabengesetz erzielen.

    Zu Ermäßigungen für Menschen mit Behinderung enthält das Kommunalabgabengesetz leider keine verbindliche Vorgabe. Die Gemeinden können demnach Ermäßigungen vorsehen, müssen es aber nicht. Das Gesetz lässt diese bei „wichtigen Gründen“ zu. Der Bürgerbeauftragte sieht es aus höherrangigem Recht zugunsten der Gleichberechtigung und Teilhabe von Menschen mit Behinderung als geboten an, überall dort Ermäßigungen in den Satzungen vorzusehen, wo nicht vollständige Barrierefreiheit herrscht.

    Im Berichtsjahr sind deutlich weniger Petitionen eingegangen, die dem Bereich des Justizministeriums zuzuordnen sind. Nach 93 Petitionen im Jahr 2019 fiel die Zahl auf 72.

    Gegenüber den Vorjahren haben sich thematisch keine Veränderungen ergeben: Die Petenten wandten sich wieder mit einer weiten Bandbreite von Anfragen und Petitionen an den Bürgerbeauftragten. Hierzu gehörten z.B. Fragen zur rechtlichen Betreuung, zu Verfahrensdauern bei der Staatsanwaltschaft oder zu Problemen im Strafvollzug. Einzelne Nachfragen zur Bereinigung von DDR-Unrecht erreichten den Bürgerbeauftragten trotz des langen Zeitabstandes.

    Ein wiederkehrendes Thema waren Beschwerden über die lange Dauer von Gerichtsverfahren. Gerade in den Verfahrensarten, in denen sich Bürger mit staatlichen Behörden auseinandersetzen, also bei den Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichten, dauern die Verfahren sehr lange. So betrugen 2019 die durchschnittlichen Verfahrensdauern bis zur Erledigung bei den Verwaltungsgerichten immer noch 17,9 Monate (Bundesdurchschnitt: 15,3 Monate), beim Oberverwaltungsgericht als Berufungsinstanz 21,3 Monate (8,3), als erste Instanz sogar 37,3 Monate (18,1). Bei den Sozialgerichten dauerte es im Durchschnitt 20 Monate (14,0) bis zum Abschluss des Verfahrens, beim Landessozialgericht sogar 32,1 Monate (17,4). Beim Finanzgericht mussten die Bürger 21,3 Monate (13,6) bis zu einer Entscheidung warten.[1] Diese Werte liegen also in allen benannten Gerichtsverfahren – teilweise drastisch – über dem Bundesdurchschnitt. Trotz der Bemühungen der Landesregierung haben sich in den letzten Jahren die Verfahrensdauern bei den Verwaltungsgerichten nur geringfügig verkürzt, bei den anderen Gerichten sogar verlängert[2].

    Petenten berichteten über Prozesse, die sich schon über Jahre erstreckten, z.B. über ein 2013 eingeleitetes Verfahren, in dem schon 2016 Berufung eingelegt wurde, ohne dass das Gericht tätig geworden war. In einem anderen Verfahren war in einem 2014 eröffneten Verfahren vor drei Jahren die Berufung eingelegt worden, ohne dass das Verfahren voran gekommen war. Ein anderer Bürger berichtete, dass in seinem Verfahren schon Anfang 2015 beim Landessozialgericht Berufung erhoben worden war. Das Justizministerium erklärte in diesem Fall, dass erst noch Verfahren aus 2014 vorrangig zu bearbeiten seien. Solche langen Gerichtsverfahren lassen Bürger gerade in existenzbedrohenden Angelegenheiten verzweifeln. Hier sind zuerst die Gerichte gehalten, für eine schnellere Bearbeitung zu sorgen. Möglicherweise müssen auch die Personalausstattungen weiter überprüft werden.

    Wie im Vorjahr gingen auch wieder einige Petitionen zu Rundfunkbeiträgen ein. Hierbei ging es um die Befreiung von Beiträgen wegen geringer Einkünfte oder einer Behinderung, aber auch um Kontenklärungen. Diese Probleme waren trotz aller Versuche durch die Beitragszahler nicht selbst mit dem Beitragsservice lösbar gewesen. Hier beriet und unterstützte der Bürgerbeauftragte.

    [1] Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 7/5062 vom 01.07.2020; Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes, Fachserie 10, Reihen 2.4, 2.5, 2.7

    [2] Vgl. z.B. Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 7/2647 vom 17.10.2018 für die Jahre 2016/2017.

    52 Eingaben (Vorjahr: 60) erreichten den Bürgerbeauftragten im Zuständigkeitsbereich des Finanzausschusses. Damit ist dieses Themengebiet weiterhin nur wenig vertreten, insbesondere wenn man bedenkt, wie viele Menschen Steuerbescheide erhalten oder Kindergeld beziehen.

    In den meisten Petitionen gab es Fragen zu verschiedenen Steuerarten. So gingen bei der Einkommensteuer einige Beschwerden über die Besteuerung von Altersrenten ein. Sie bezogen sich zum einen auf die Besteuerung als solche, die auf Ablehnung stieß, aber auch auf die zu leistenden Vorauszahlungen. Auch zu anderen Steuerarten (z.B. Erbschaftsteuer, Grundsteuer) erfolgten Eingaben, oft mit Fragen zu ergangenen Bescheiden. Das Verhalten von Mitarbeitern der Finanzämter wurde vereinzelt kritisiert.

    Aufwändiger zu bearbeitende Petitionen betrafen in einem Fall das Zusammentreffen von Altersrente und Versorgungsbezügen, in einem anderen Fall die Versteuerung der Rente eines im Ausland lebenden Deutschen. In aller Regel kann bei der Bearbeitung dieser Anliegen festgestellt werden, dass die Forderungen der Finanzverwaltung zu Recht erhoben werden, so dass sich die Arbeit des Bürgerbeauftragten nach Prüfung der

    Rechtslage auf die Erläuterung der Bescheide gegenüber den Petenten beschränkt. Gelegentlich war es erforderlich, das Finanzministerium um Stellungnahme zu bitten.

    Kindergeld – nicht immer kinderleicht

    Während der Pandemie war es Bürgern nicht möglich, in den Dienststellen der Familienkasse Nord vorzusprechen und dort ihre Anliegen zum Kindergeld zu klären. Weil diese telefonisch über die Hotline nur sehr eingeschränkt erreichbar waren und Bürger auf Nachfragen per E-Mail keine oder nur verzögerte Antworten erhielten, wurde der Bürgerbeauftragte mehrfach um Unterstützung gebeten. Oftmals ging es um die schleppende Bearbeitung von Anträgen auf Kindergeld. Der Bürgerbeauftragte wandte sich in diesen Fällen an die Beschwerdestelle der Familienkasse Nord. In allen Fällen wurde eine kurzfristige Bearbeitung angewiesen und das Anliegen erledigt.

    Zu bemängeln war daneben die sehr schlechte Erreichbarkeit des Inkassoservice der Bundesagentur für Arbeit. Dieser ist zuständig, wenn überzahlte oder zu Unrecht ausbezahlte Leistungen nicht rechtzeitig zurückerstattet werden. Das gilt auch für Rückforderungen von Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) und dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG). Eine direkte Klärung der Anliegen war wegen der schlechten Erreichbarkeit auch für den Bürgerbeauftragten nahezu unmöglich. Auch in diesen Fällen wandte sich der Bürgerbeauftragte daher an die Familienkasse Nord, sodass über diesen Weg den Petenten geholfen werden konnte.

    Mehrfach wurde der Bürgerbeauftragte um Auskunft gebeten zu der Frage, warum in Einzelfällen das Kindergeld für volljährige Kinder mit einer Behinderung nicht bzw. nicht mehr gezahlt wurde. Nach § 32 Abs. 4 EStG ist ein volljähriges Kind steuerlich zu berücksichtigen, wenn es wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Wenn also die eigenen finanziellen Mittel ausreichend sind, um den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, besteht kein Anspruch auf Kindergeld. Eigene finanzielle Mittel sind beispielsweise Renteneinkünfte, Wohngeld oder auch Erwerbseinkommen. Der Bürgerbeauftragte prüfte die Entscheidungen und erläuterte den Bürgern in den vorgelegten Fällen, wenn die Familienkasse zutreffend entschieden hatte.

    Wie auch in den Vorjahren baten Kindergeldberechtigte den Bürgerbeauftragten um Hilfe, weil sie Kindergeld für ihre in Ausbildung befindlichen Kinder zurückzahlen sollten. Grundsätzlich besteht für ein Kind, das volljährig, aber noch nicht 25 Jahre alt ist, Anspruch auf Kindergeld in der Berufsausbildung. Was zur Berufsausbildung zählt, ist nicht immer leicht abzugrenzen, wie der folgende Fall zeigt:

    Im März 2020 wandte sich ein Vater an den Bürgerbeauftragten, weil er für seinen volljährigen Sohn Kindergeld in Höhe von 3.746 EUR für 19 Monate zurückzahlen sollte. Der Sohn war bei der Bundeswehr und belegte nach der Grundausbildung des freiwilligen Wehrdienstes verschiedene Ausbildungsgänge. Unterlagen und Nachweise darüber hatte der Vater rechtzeitig bei der Familienkasse eingereicht. Dies bestätigte ihm die Familienkasse bei seinen telefonischen Nachfragen. Kindergeld wurde deswegen weitergezahlt. Umso erstaunter war er daher, als ihm die Familienkasse im Februar 2020 mitteilte, dass die Voraussetzungen für den Bezug des Kindergeldes seit Juni 2018 doch nicht vorgelegen hätten und daher eine Rückforderung beabsichtigt sei.       
    Der Bürgerbeauftragte informierte den Petenten über die Rechtslage. Für die Bundeswehr gilt nach den Festlegungen der Familienkasse, dass Berufsausbildungsmaßnahmen nur in bestimmten Laufbahngruppen berücksichtigt werden, beispielsweise wenn es um die Laufbahngruppe Unteroffizier, eine Ausbildung zum Reserveoffizier oder eine Verwendung in der Laufbahngruppe Mannschaft geht. Der Petent gab an, dass sein Sohn vom Rekruten zum Gefreiten und dann Hauptgefreiten ausgebildet wurde.            
    Um den Sachverhalt vollständig aufzuklären, wandte sich der Bürgerbeauftragte an die Familienkasse. Diese stellte fest, dass es sich bei der konkreten Ausbildung des Sohnes nicht um eine Dienstpostenausbildung gehandelt hatte. Diese aber wäre für die Zahlung von Kindergeld erforderlich. Da aber von dem Petenten rechtzeitig alle Unterlagen und Nachweise eingereicht wurden und sehr lange keine Beanstandungen erfolgt waren, verzichtete die Familienkasse aus Gründen des Vertrauensschutzes auf die Rückforderung.

    Üblicherweise gehen vergleichsweise wenige Petitionen im Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsausschusses ein, insbesondere nachdem konfliktträchtigere Zuständigkeiten wie Bau, Verkehr und zuletzt Abfallwirtschaft in andere Ressorts gewechselt sind. So waren es im Vorjahr nur 94 Eingaben.

    Im Berichtsjahr stieg die Zahl der Petitionen jedoch auf 321. Hintergrund hierfür ist die hohe Anzahl von Anfragen und Beschwerden in Bezug auf Infektionsschutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie (239 – s. hierzu den folgenden Beitrag), für die dieses Ressort federführend ist.

    Die Zahl der nicht coronabezogenen Petitionen (82) liegt in diesem Tätigkeitsbereich etwas unter dem Vorjahr. Der überwiegende Teil (42) betraf erneut den Bereich der Krankenversicherung, der in diesem Bericht wegen des sozialrechtlichen Schwerpunktes unter 8 e) dargestellt wird.

    Die restlichen Petitionen verteilten sich auf verschiedene Themengebiete, so insbesondere die Teilhabe am Arbeitsleben, aber auch die unterschiedlichen Fördermittel oder das Bestattungsrecht. Regelmäßig werden auch Probleme bei der ärztlichen Versorgung angesprochen. So berichtete ein chronisch kranker und in seiner Mobilität eingeschränkter Bürger, dass ihn nach einem Umzug in eine kleinere Stadt kein dortiger Allgemeinmediziner als Patienten aufnehmen wollte. Ihm sei stattdessen von der Kassenärztlichen Vereinigung ein Arzt in einer 60 Kilometer entfernten Stadt vorgeschlagen worden. Nachdem der Bürgerbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung die Situation des Petenten geschildert hatte, konnte diese doch eine Aufnahme als Patient in eine örtliche Hausarztpraxis vermitteln.

    Corona: Was ist erlaubt?

    Die Corona-Pandemie beeinflusste – wie schon oben angesprochen – auch die Tätigkeit des Bürgerbeauftragten erheblich. Ab Mitte März beherrschte dieses Thema für einige Zeit die tägliche Arbeit. Es gingen telefonisch und per E-Mail eine Vielzahl von Anfragen und Petitionen ein. In der Statistik erfasst wurden hiervon nur die Fälle, bei denen tiefer gehende Prüfungen und Beratungen oder eine weitere Bearbeitung notwendig waren. 239 Fälle werden als Petition geführt. Hunderte von weiteren Anfragen wurden nur vereinfacht dokumentiert. Der Bürgerbeauftragte und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berieten die Bürger zur jeweils aktuellen Verordnungslage und bemühten sich in Einzelfällen um Lösungen. Erkannte Probleme, Regelungslücken und -bedarfe sowie Fragen zu Grundrechtseinschränkungen wurden mit Lösungsvorschlägen zur weiteren Behandlung an die Landesregierung weitergegeben.

    Einreiseregelungen schafften Verdruss

    Eine Vielzahl von Anfragen betrafen gerade in den ersten Monaten die Einreiseregelungen für Mecklenburg-Vorpommern. Das weitreichende Einreiseverbot für auswärtige Personen führte in vielen Fällen zu Nachfragen Betroffener und erheblichen Problemen. Gerade in der Anfangszeit herrschte große Unsicherheit in der Rechtsanwendung, wie diese Beispiele zeigen:

    • An der Landesgrenze wurde eine Mutter zurückgewiesen, die ihr Kind aus einer schulischen Einrichtung im Land abholen wollte.
    • Eine hochschwangere Studentin aus einem anderen Bundesland besuchte ihre Eltern bei Lübz und plante die Geburt ihres Kindes in ihrer alten Heimat. Sie wurde aufgefordert, das Bundesland zu verlassen.
    • Eine Person aus Hamburg wollte zu Ostern ihre Eltern in Mecklenburg-Vorpommern besuchen. Bei der Autobahnabfahrt wurde sie von der Polizei zurückgewiesen, obwohl Kernfamilienbesuche inzwischen zugelassen waren.

    Auch Bürger aus Mecklenburg-Vorpommern hatten viele Fragen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit im Land. Sie bewegte die Frage, ob und welche Besuche der Familie in Mecklenburg-Vorpommern zulässig waren. Hier zeigte sich bald, dass der zugelassene Kreis der „Kernfamilie“ sehr eng gefasst war. So konnten z.B. Ehegatten, nicht aber langjährige Lebensgefährten zu Besuchen einreisen. Der Bürgerbeauftragte setzte sich für eine Erweiterung des Familienbegriffs ein. Die Regelung wurde nach einiger Zeit im Sinne dieser Personengruppe geändert.

    Anders sah es hingegen in einem Fall aus, in dem sich ein Petent aus Brandenburg darüber beklagte, dass er seinen Bruder in Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr besuchen durfte, obwohl dieser betagt und alleinstehend sei und regelmäßig seiner Hilfe bedürfe. Erst mit weiteren Lockerungen im Mai wurde nach wiederholten Bitten auch des Bürgerbeauftragten der zum Besuch befugte Personenkreis auch auf Geschwister ausgedehnt.

    Mit zunehmender Dauer der Einschränkungen kam es bei den Betroffenen auch zu erheblichem Unmut. Besonders Bürger aus anderen Bundesländern, die in Mecklenburg-Vorpommern über eine Immobilie, einen Kleingarten oder ein Boot verfügen, forderten eine Möglichkeit, einreisen und nach dem Rechten sehen zu können. Teilweise wollten sie sich dort auch aufhalten. Im Einzelfall ergaben sich für die Bürger nämlich erhebliche Schwierigkeiten:

    • So beklagte sich ein schwer lungenkranker Bürger aus Rheinland-Pfalz schon Ende März über das weitgehende Einreiseverbot. Seit 17 Jahren nutze er regelmäßig im Sommerhalbjahr eine eigene Immobilie in Mecklenburg-Vorpommern. Von seinem Arzt sei ihm dringend nahegelegt worden, seinen Aufenthalt wegen des niedrigen Infektionsgeschehens in Mecklenburg-Vorpommern dorthin zu verlegen. Dies war jedoch wegen des generellen Einreiseverbotes nicht möglich, da selbst für langjährige Eigentümer von Immobilien keine Ausnahme geregelt war. Der Bürgerbeauftragte setzte sich aufgrund solcher Fälle im Folgenden wiederholt bei der Landesregierung dafür ein, dass die Ausnahmebestimmungen auf Immobilieneigentümer erweitert werden sollten. Aber erst zum 1. Mai konnte der Bürgerbeauftragte dem Petenten mitteilen, dass eine entsprechende Ausnahmevorschrift für die Inhaber von angemeldeten Nebenwohnsitzen in Kraft treten würde.

    • Eine aus Berlin stammende Petentin hatte schon seit sieben Jahren ein Ferienhaus in der Mecklenburgischen Seenplatte. Dort hielt sie sich mit ihrer Familie regelmäßig auf und hatte einen Nebenwohnsitz angemeldet. Aufgrund einer psychischen Erkrankung der Tochter und einer stationären Therapie in dieser Region hatte sich der Lebensmittelpunkt der Familie dorthin verlagert. Dies setzte sich auch in der Folge fort, als die Tochter wieder eine Internatsschule in Mecklenburg-Vorpommern besuchen konnte und sich in der Nähe auch einer ambulanten psychologischen Therapie unterzog. Allerdings hatte die Familie ihren Hauptwohnsitz nicht von Berlin nach Mecklenburg-Vorpommern umgemeldet. Nach Erlass der Einreisebestimmungen wurde die Familie vom Ordnungsamt aufgefordert, unverzüglich das Land zu verlassen.    
      Der Bürgerbeauftragte setzte sich beim zuständigen Amt für eine Lösung des Einzelfalls ein. Er wies darauf hin, dass die Familie faktisch in Mecklenburg-Vorpommern ihren Hauptwohnsitz und nur die nötige Ummeldung versäumt hatte. Bei einer Ausreise nach Berlin sei die weitere ambulante Therapie nicht mehr möglich. Nach Prüfung des Einzelfalls meldete das Amt tatsächlich die Familie um, so dass keine Ausreise erfolgen musste.

    Für die Nutzer von Kleingärten, Immobilien und Booten wurde erst im Mai unabhängig vom Wohnsitz eine Einreisemöglichkeit gewährt. Dies wurde von den Betroffenen mit Erleichterung aufgenommen.

    Im Sommer waren dann Beschwerden zu den Einreiseregelungen gerade von Bewohnern der Grenzregionen vorherrschend (z.B. Lüneburg, Lauenburg, Ratzeburg). Gerade in diesen Regionen war für viele das anhaltende Einreiseverbot schwer zu akzeptieren, zumal Bürger aus Mecklenburg-Vorpommern umgekehrt durchaus in das benachbarte Bundesland einreisen durften. Diese Ausgrenzung erzeugte sehr viel Unmut und Empörung. Man fühlte sich sehr an die Zeit von vor 1990 erinnert.

    Nicht nachvollziehbar war es für Bürger auch, warum Touristen mit Buchung einer Ferienunterkunft einreisen durften, aber Übernachtungen bei (entfernteren) Verwandten oder bei Freunden nicht zulässig waren.

    Lockerungen der Beschränkungen schufen neue Fragen

    Nach der Lockerung der Einreisebestimmungen ging die Anzahl der Anfragen und Petitionen zwar deutlich zurück. In diesem Zusammenhang ergaben sich aber auch neue Fragen, z.B. zur Wiedereröffnung von Sportgruppen, Fitnesscentern oder Sprachkursen, zu Veranstaltungen und besonders häufig zu den Möglichkeiten von Familienfeiern. Unklarheiten gab es auch hin und wieder, was bei Hochzeitsfeiern zulässig ist, z.B. ob auch getanzt werden durfte. Unterschiedliche Auskünfte von Gesundheits- und Ordnungsämtern führten hier zu Verwirrung. Ebenso war es umstritten, ob neben den zugelassenen Wochenmärkten auch z.B. Trödel- oder Keramikmärkte erlaubt waren. Erst mit weiteren Änderungen der Corona-Landesverordnungen im Sommer konnten diese Unklarheiten beseitigt werden.

    Eine andere Schwierigkeit schilderte ein Vater. Er beklagte, dass der öffentliche Bolzplatz im Dorf nicht für die Kinder geöffnet wurde, weil für diesen als „Sportstätte“ ein Hygienekonzept vorgeschrieben sei. Der Bürgerbeauftragte konnte hier mit dem Ministerium klären, dass einfache Bolzplätze nicht als Sportstätte im Sinne der Verordnung anzusehen sind und daher auch ohne Hygienekonzept genutzt werden dürfen.

    Probleme bei der Maskenpflicht

    Mehrere Petitionen betrafen nach der Wiedereröffnung von Friseursalons die Problematik, wie Menschen mit Behinderung die dort geltenden Bestimmungen einhalten könnten. Nach der Landesverordnung war geregelt, dass die Kunden eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen hatten. Dies gilt nicht für Menschen, die aufgrund einer medizinischen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Behinderung keine Mund-Nase-Bedeckung tragen können und dies durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen können. Die zuständige Berufsgenossenschaft erließ jedoch weitergehende Regelungen zum Arbeitsschutz. Sollte ein Kunde keine Mund-Nase-Bedeckung tragen können, so wurden die Friseure angehalten, selbst FFP2-Atemschutzmasken zu tragen. Petenten berichteten aber, dass Personen, die keine Maske tragen könnten, von den Friseuren generell abgewiesen würden. Der Bürgerbeauftragte setzte sich daraufhin u.a. bei der Berufsgenossenschaft und beim Friseurhandwerk für praktikable Lösungen für die Betroffenen ein. Die Berufsgenossenschaft änderte die Regelungen jedoch nicht. Gerade anfangs scheiterte die Umsetzung auch daran, dass manche Friseure solche FFP2-Masken nicht erwerben konnten oder wollten.

    Ohnehin gab es zur Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung regelmäßig Beschwerden beim Bürgerbeauftragten. Bürger berichteten, dass sie trotz ihres Attestes, das sie vom Tragen einer solchen Bedeckung befreite, aus Geschäften verwiesen wurden. Der Bürgerbeauftragte musste den Petenten hierzu allerdings mitteilen, dass die Landesregierung mit den Corona-Verordnungen zwar bestimmte Ausnahmen von der Maskenpflicht zulässt, Geschäftsinhaber im Rahmen ihres Hausrechts aber auch weitergehende Regelungen treffen können. Wegen der damit verbundenen möglichen Diskriminierung der Betroffenen rief der Bürgerbeauftragte die Wirtschaft öffentlich dazu auf, hier sensibel vorzugehen. Bis zum Ende des Jahres ließen die Beschwerden aber nicht nach. Hier fehlt eine aktive Antidiskriminierungsstelle auf Landesebene.

    Wer bezahlt den Corona-Test?

    In einer Reihe von Fällen wurde beim Bürgerbeauftragten beklagt, dass Patienten einen vom Krankenhaus oder einer Reha-Klinik geforderten präventiven Corona-Test privat bezahlen mussten. Obwohl die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) die Kosten für die eigentliche medizinische Behandlung trugen, kamen diese nicht für die von den Einrichtungen zwingend geforderten Corona-Tests auf.

    Eine Anfrage des Bürgerbeauftragten bei einer der GKV ergab, dass die präventiv geforderten negativen Corona-Tests keine Leistung der GKV sind. Nach der vom Bundesministerium für Gesundheit erlassenen Coronavirus-Testverordnung (TestV) vom 08.06.2020 wurden bei asymptomatischen Personen nur vor einer Operation in einem Krankenhaus oder der Aufnahme in einer stationären Pflegeeinrichtung die Kosten übernommen. Stationäre medizinische Reha-Einrichtungen waren in der Verordnung nicht berücksichtigt. Erst mit der Novellierung der TestV im Oktober wurden auch die stationären Reha-Einrichtungen mit aufgenommen. Allerdings wurden nur die Kosten des sogenannten PoC-Antigen-Tests übernommen. Eine nochmalige Klarstellung hinsichtlich der Kostenübernahme durch die Kassenärztlichen Vereinigungen für die PoC-Tests, die von den oben genannten Unternehmungen präventiv gefordert werden, erfolgte schließlich in der am 30.11.2020 beschlossenen Änderung der TestV.

    Finanzielle Unterstützung von Unternehmen und Privatpersonen

    Viele Anfragen und einige Petitionen bezogen sich mit fortdauernden Einschränkungen auch auf die Frage der Unterstützung von betroffenen Unternehmen und Geschäftsinhabern. Auch kritisierten z.B. die Eigentümer privater Ferienwohnungen, dass sie im Gegensatz zu den gewerblichen Anbietern nicht für ihre Einnahmeausfälle entschädigt würden. Aber auch sie hätten laufende Kosten und müssten z.B. Kredite bedienen. Hier beriet der Bürgerbeauftragte zur Rechtslage und gab die Kritik an den Wirtschaftsminister weiter.

    Weitere Eingaben mit der zweiten Welle

    Mit der zwischenzeitlichen Aufhebung vieler Restriktionen verringerte sich zunächst auch die Zahl der Anfragen und Petitionen deutlich. Nach dem Einsetzen der zweiten Corona-Welle im Herbst erhöhte sich dann die Anzahl wieder. Da nun aber die Regelungen von vornherein Ausnahmebestimmungen, z.B. für die Einreise von Kernfamilie, Grundstücksnutzern oder Bootsinhabern enthielten, entfielen viele Konfliktpotenziale.

    Jetzt ging es verstärkt um die Frage, ob in bestimmten Situationen oder bei Reisebewegungen eine Pflicht zur Quarantäne bestand. Beschwerden betrafen auch die schlechte Erreichbarkeit von Gesundheitsämtern und unterbliebene Tests bei Kontaktpersonen. Hier klärte der Bürgerbeauftragte zur Rechtslage auf und leitete in einigen Fällen die Beschwerden der Petenten an das zuständige Gesundheitsamt weiter – oft ohne Reaktion.

    Sonderfall: Das deutsch-polnische Grenzgebiet

    Seit dem Spätsommer 2020 wurde der Bürgerbeauftragte zunehmend mit der Problematik der Reiserestriktionen im deutsch-polnischen Grenzgebiet befasst. Gerade in der Me-tropolregion Stettin überqueren viele deutsche und polnische Bürger in beiden Richtungen die Grenze, zum Beispiel beim Pendeln zur Arbeit, beim Besuch von Schulen oder Hochschulen oder beim Familienbesuch. Für diese Personen war es schwierig, dass sowohl die – über die Monate immer wieder geänderten – polnischen als auch die deutschen Regelungen diesen kleinen Grenzverkehr nur bedingt zuließen. Belastend war insbesondere auch die Frage einer möglichen Quarantäne, vor allem aber die Kostentragungspflicht für die nun vorgeschriebenen Corona-Tests.

    Die Betroffenen sehen in der unterschiedlichen Behandlung des innerdeutschen und des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs eine Diskriminierung. Sie verlangen vor allem, nicht mehr die Kosten für die Testungen tragen zu müssen. Diese Kritik wurde nicht nur von Grenzpendlern, sondern auch von Unternehmen und der Kommunalgemeinschaft Europaregion Pomerania e.V. vorgetragen. Die Linie der Landesregierung, möglichst keine Grenzpendler zuzulassen, sondern ihnen Übernachtungsangebote zu machen, half vielen in ihrer Situation nicht. Die Petenten dringen auch darauf, ein geordnetes deutsch-polnisches Grenzregime durch ein gemeinsames Gremium sicherzustellen. Sie erwarten, dass die Restriktionen nicht härter sind als sonst an der Bundesgrenze in vergleichbaren Situationen.

    Der Bürgerbeauftragte bemühte sich, die Schwierigkeiten dieser Gruppe an die Landesregierung heran zu tragen, leider mit wenig Ergebnissen. Auf Anschreiben erfolgte von der Landesregierung nicht immer eine Antwort. Es war schwierig, zu einem Termin für eine gemeinsame Erörterung zu kommen. Immerhin gelang es, ein Gespräch im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit zu initiieren. Hier wurden nach Lösungen für die Kostenfrage bei den Testungen gesucht und die Möglichkeiten für eine bessere Abstimmung zwischen den deutschen und polnischen Behörden erörtert. Im Laufe der Zeit hat es Fortschritte gegeben. Insgesamt hält es der Bürgerbeauftragte für zwingend, dass an der Bundesgrenze durchgängig für alle Bundesländer die gleichen Regelungen zur Einreise gelten. Er sieht ein gemeinsames regionales deutsch-polnisches Grenzregime zum Umgang mit Restriktionen unter Beteiligung des Landes als notwendig an.

    Regelungen teils begrüßt, teils kritisiert

    Nicht unerwähnt soll bleiben, dass im Berichtsjahr von einigen Bürgern die Schutzmaßnahmen auch generell als unnötig oder überzogen kritisiert wurden. Solche allgemeinen Beschwerden waren aber die Ausnahme. Die meisten Bürger unterstützten bei aller Kritik zu einzelnen Regelungen grundsätzlich die Vorsichtsmaßnahmen. Manche Petenten forderten auch strengere Maßnahmen oder jedenfalls eine stärkere Durchsetzung bestehender Regelungen. Hinweise auf Verstöße wurden an die zuständigen Ordnungsämter weitergegeben.

    Diese Darstellung kann nur einen Überblick geben. Viele Einzelfragen mussten vor dem Hintergrund der sich ständig ändernden Rechtslage geprüft und bewertet werden.

    Dem Bereich Landwirtschaft und Umwelt waren 2020 insgesamt 85 Petitionen zugeordnet; ein Rückgang zum Vorjahr (2019: 103). Es waren dabei auch fachübergreifende Fragen enthalten, die sich dann u.a. an die kommunale Ebene richteten, beispielsweise zur Regenentwässerung.

    Eine Reihe von Eingaben aus den Vorjahren musste der Bürgerbeauftragte weiter behandeln. Beispielhaft hierfür ist eine Petition, die seit 2016 zum Wasserrecht eines Eigentümers einer denkmalgeschützten Wassermühle anhängig ist. Nach einer befristeten Übergangslösung für eine kurzzeitige Nutzung ist trotz vielfältiger Bemühungen und Beratungen eine endgültige Entscheidung über einen seit Jahren avisierten öffentlich-rechtlichen Vertrag nach wie vor offen. Inzwischen führt der Petitionsausschuss unter Einbeziehung des Bürgerbeauftragten die Bearbeitung weiter. Auch in den folgenden Beispielsfällen werden zum Teil Petitionen angesprochen, in denen der Bürgerbeauftragte bereits länger aktiv ist.

    Wie im Vorjahr betrafen 31 Petitionen Fragen des Naturschutzrechtes wie Baumfällungen, Baumpflege und Biotopschutz. Schon im vorherigen Bericht hatte der Bürgerbeauftragte den Eindruck der unterschiedlichen Verwaltungspraxis bei der Bewertung von Eingriffen in die Natur geschildert, je nachdem, ob Privatpersonen oder die öffentliche Verwaltung tätig wurden. So hatte eine Gemeinde drei Straßenbäume ohne vorherige Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde oder Begutachtung gefällt. Im Nachhinein wurde die Gefährdung der Verkehrssicherheit als Begründung genannt. Erst auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten wurden freiwillige Ersatzpflanzungen angekündigt. Einem privaten Eigentümer hingegen wurde die Fällung einer Eiche untersagt, obwohl ein Drittel der Krone bereits abgestürzt war und die Garage zerstört hatte und der Überhang nun auch von einer Gutachterin als Gefahr bestätigt worden war.

    Bei Genehmigungsfragen zu Windkraftanlagen (13 Petitionen, Vorjahr: 8) spielten neben den immissionsrechtlichen Gesichtspunkten auch landesplanungsrechtliche Belange eine Rolle. Auch zu diesem Sachgebiet gibt es nach wie vor viele jahrgangsübergreifende Fälle. Allerdings sind Petitionen mit dem Schwerpunkt Landesplanung statistisch dem Energieausschuss zugeordnet.

    Zu Geruchs-, Staub- und Lärmbelästigungen, die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu bewerten sind, gingen 20 neue Beschwerden (Vorjahr: 27) ein. Überwiegend lagen die Quellen im gewerblichen Bereich. Zumeist wandte sich der Bürgerbeauftragte an die zuständige untere Immissionsschutzbehörde. Bei genehmigungspflichtigen Anlagen, für deren Überwachung die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt zuständig sind, wurde der zuständige Minister eingeschaltet. Ein besonders schwerwiegender Fall wird unten dargestellt.

    Gerade in diesem Rechtsbereich gibt es keine schnellen Lösungen oder Ergebnisse, da eine rechtliche Bewertung nur auf der Basis belastbarer Messungen erfolgen kann. Die Durchführung und Auswertung solcher Messungen nimmt oft lange Zeit in Anspruch, wodurch sich diese Verfahren erheblich verlängern.

    Daneben wurden in wenigen Fällen Bodenordnungsverfahren und abfallrechtliche Fragen angesprochen.

    Gesundheit geht vor? Zur Überwachung eines Industrieunternehmens

    Schon seit Herbst 2019 gab es von verschiedenen Bürgern einer Kleinstadt Eingaben beim Bürgerbeauftragten, da die Metallverarbeitung eines Industrieunternehmens erhebliche Auswirkungen auf die Umgebung hatte. Unabhängig voneinander berichteten sie von erheblichem Lärm, von ätzendem Geruch, Smog und Ruß im gesamten Umfeld.

    Es wurden Bilder vorgelegt, die starke Verschmutzungen an Häusern und Mobiliar im Außenbereich zeigten. Pkws wiesen erhebliche Lackschäden durch Flugrost auf. Des Weiteren legten die Petenten Bilder eines in der Nähe befindlichen Baches vor, dessen Wasser erhebliche Verschmutzungen aufwies. Es waren deutliche Schlieren und Rußflocken auf dem Wasser erkennbar. Die Petenten brachten zum Sprechtag eine Wasserprobe aus einer Regentonne mit, die deutliche Ausflockungen zeigte. Ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens berichteten, dass Türen, Tore und Dachluken geöffnet wurden, um die Raumluft für die Mitarbeiter wenigstens etwas zu verbessern. Das führe aber zu direkten Emissionen in die Umwelt, da auf diese Weise Lüftungen und Filter umgangen würden. Die Arbeitssituation sei auch für die Mitarbeiter schwierig.

    Ebenfalls teilte ein Bürger nach einer Akteneinsicht beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt als zuständiger Immissionsschutzbehörde mit, dass die Regelüberwachung nur lückenhaft durchgeführt worden sei und selbst fest installierte Messgeräte zum Teil nicht in Funktion gewesen seien. Die Bürger kritisierten, dass die Vertreter der Überwachungsbehörde zu Gesprächen mit Betroffenen nicht bereit seien.

    Der Bürgerbeauftragte wandte sich hierzu an den Minister für Landwirtschaft und Umwelt. Der Minister sagte die Prüfung der Beschwerdepunkte zu. Es wurden Messungen anberaumt, die nun über ein Jahr die Umweltdaten aufzeichnen sollten, um dann Schlussfolgerungen ziehen zu können.

    Für die Bürger vor Ort, die kontinuierlich den Belästigungen ausgesetzt waren, war dieses lange Zuwarten nicht hinnehmbar. Dies machten sie gegenüber dem Bürgerbeauftragten deutlich. Neben den Beeinträchtigungen des Eigentums wurden immer wieder die Gefährdung der Gesundheit und die Minderung der Lebensqualität angeführt. Die Grundstücke und Gärten seien kaum mehr nutzbar. Beispielsweise sei das Gemüse ungenießbar. Bäume und Pflanzen würden kaum noch gedeihen. Der Lärm würde den Nachtschlaf stören und die Wohnqualität noch weiter herabsetzen. Trotz coronabedingter zeitweiliger Produktionsreduzierung sei keine Verbesserung eingetreten. Sie baten erneut um eine persönliche Erörterung vor Ort und zeigten die Beeinträchtigungen der Gesundheit bei der Polizei an.

    Der Bürgerbeauftragte traf mit den Beschwerdeführern und auch dem Bürgermeister zu einer Beratung zusammen. Der Bürgermeister bestätigte die unbefriedigende Situation. Nach den Berichten der Bürger war der Normalbetrieb wieder angelaufen, ohne dass Verbesserungen zu verzeichnen gewesen seien. Sie beklagten, dass Hinweisen und Beschwerden nicht oder zumindest nicht energisch nachgegangen worden sei. Es gab weiter Zweifel am regelkonformen Betrieb. Bei Beschwerden sei auf Einzelereignisse aufgrund von Havarien verwiesen worden, die nicht beherrschbar gewesen seien. Angesichts der Beeinträchtigungen wurde der Verdacht geäußert, dass hier auch Umweltstraftaten im Raum stehen könnten, insbesondere auch wegen der Verunreinigung von Gewässern, des Bodens und der Luft. Die Gefährdung durch Freisetzen von Giften sei nicht auszuschließen. Es sei zu überlegen, ob nicht sogar die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden müsste.

    Der Bürgerbeauftragte bündelte die Beschwerden und die daran anknüpfende Kritik im September und trug sie dem Landwirtschaftsminister auch im Gespräch vor. Die erhebliche Unzufriedenheit mit der zögerlichen Kontrolltätigkeit der zuständigen Überwachungsbehörde trotz vieler Beschwerden sei nachvollziehbar. Er bat den Minister dringend, weitere und engmaschigere Maßnahmen zu veranlassen, Fristen zu setzen und über die getroffenen Maßnahmen auch die Bürger vor Ort zu informieren.

    Der Minister sagte ein konsequentes Vorgehen zu und erklärte sich auch zu einem Vororttermin gemeinsam mit dem Bürgerbeauftragten und der mittlerweile gegründeten Bürgerinitiative bereit. Coronabedingt konnte Letzteres bisher nicht stattfinden.

    Wegen der Kritik an der Arbeitssituation für Mitarbeiter drang der Bürgerbeauftragte gegenüber dem Wirtschaftsminister darauf, den Arbeitsschutz im Betrieb zu gewährleisten. In einer ersten Antwort stellte dieser die Betriebsabläufe als unkritisch dar. Die durch die Arbeitsschutzbehörde „immer wieder festgestellten Mängel“ seien „weitgehend behoben“ worden. Der Arbeitsschutz werde nun nach Einschätzung der Arbeitsschutzbehörde und der Berufsgenossenschaft sehr ernst genommen. Da diese Einschätzung mit den bisher beim Bürgerbeauftragten vorliegenden Informationen nicht in Übereinstimmung zu bringen war, bat dieser den Wirtschaftsminister um eine weitere Darlegung und Überprüfung.

    Einzelne Vertreter der Bürgerinitiative konnten dann im Dezember sowohl ein persönliches Gespräch mit Vertretern der Immissionsschutzbehörde als auch dem Landesamt für Gesundheit und Soziales sowie Vertretern des Unternehmens führen. Es wurde ihnen angekündigt, die Kontrolltätigkeit durch das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt zu erhöhen. Darüber hinaus gab es die Zusage, dass nun das Landesamt für Gesundheit und Soziales Regelkontrollen zur Arbeitssituation im Betrieb in einem halbjährlichen Intervall durchführen würde. Bereits festgestellte erhebliche Mängel hinsichtlich des Arbeitsschutzes sollten nun abgearbeitet werden.

    Zwischenzeitlich eingegangene Stellungnahmen der beteiligten Ministerien werden derzeit ausgewertet. Der Bürgerbeauftragte wird die Angelegenheit weiter intensiv begleiten, um die Situation für die Anwohner, die Mitarbeiter, aber auch die Umwelt zu verbessern und dazu beizutragen, dass rechtmäßige Zustände gewährleistet werden. Für Mitte April ist ein gemeinsamer Ortstermin des Umweltministers mit dem Bürgerbeauftragten geplant.

    Naturschutz – mal zu viel, mal zu wenig

    Die Fällung von Bäumen und Sträuchern kann nach dem Naturschutzrecht in bestimmten Fällen ausgleichspflichtig sein. Ausgenommen von dieser Regelung sind allerdings z. B. Gehölze in Hausgärten, soweit sie nicht einer besonders geschützten Art angehören (§ 18 Abs. 1 des Naturschutzausführungsgesetzes M-V).

    In einem solchen Fall stritten sich Bürger mit der unteren Naturschutzbehörde um die Notwendigkeit von Ausgleichsmaßnahmen. Sie hatten ein älteres Haus mit Nebengebäuden gekauft, um einen Neubau zu errichten. Nach dem Abriss des Hauptgebäudes rodeten sie im verwilderten Garten des Grundstücks mehrere Bäume und Sträucher.

    Hierzu forderte die untere Naturschutzbehörde des Landkreises sehr umfangreiche Kompensations-Pflanzungen im Verhältnis von 1,5 bis 2 auf dem Grundstück. Die Eigentümer legten Widerspruch ein, da nach ihrer Auffassung diese Rodungen in einem Hausgarten nicht ausgleichspflichtig seien. In einem Telefonat erklärte die Bearbeiterin der Naturschutzbehörde, dass es sich nicht um einen Hausgarten handele. Denn zum Zeitpunkt der Rodungen sei das Haupthaus auf dem Grundstück abgerissen gewesen und damit das Grundstück als „unbebaut“ einzustufen. Wären hingegen die Rodungen noch vor dem Abriss erfolgt, so wäre noch ein Hausgarten vorhanden gewesen. Diese Begründung war für die Eigentümer nicht nachvollziehbar.

    Der von den Bürgern hinzugezogene Bürgerbeauftragte wandte sich in den folgenden Monaten mehrfach an den Landkreis und wies darauf hin, dass das Grundstück durchgängig bebaut gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Abrisses des Bestandsbaus für den Neubau seien immer noch Nebengebäude auf dem Grundstück verblieben. Diese seien erst abgerissen worden, als bereits die Bodenplatte für den Neubau vorhanden gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Bescheides habe der Rohbau bereits gestanden; das Gebäude sei zügig fertiggestellt und bezogen worden. Ohnehin könne er nicht nachvollziehen, warum der Abriss eines Hauses für einen zügig erfolgenden Neubau aus einem Hausgarten einen „Nicht-Hausgarten“ machen könne. Nach seiner Ansicht handele es sich durchgängig um einen Hausgarten, auch wenn sich für einen Übergangszeitraum kein (vollständiges Wohn-) Haus auf dem Grundstück befinde.

    Da der Bürgerbeauftragte trotz wiederholter Nachfrage keine inhaltlich überzeugende Darlegung durch den Landkreis erhielt, wandte er sich an den Umweltminister als Fachaufsicht. Obwohl dieser die Auffassung des Bürgerbeauftragten teilte, hielt der Landkreis zunächst an dem Bescheid fest. Erst bei einer weiteren Besprechung des Bürgerbeauftragten mit dem Dezernenten lenkte die Naturschutzbehörde ein.

    Dieselbe Behörde blieb in einem anderen Fall untätig. Hier zeigte eine Bürgerin bei demselben Landkreis an, dass an einem Rad- und Spazierweg im Stadtrandbereich eine große Zahl von Bäumen unverhältnismäßig stark gestutzt und zurückgeschnitten wurden, so dass nur noch die Baumstämme übriggeblieben seien. Die Petentin hatte Zweifel, dass dies rechtmäßig geschehen war und die Bäume einen so starken Rückschnitt gut überstehen würden. Anstatt eine Überprüfung zuzusagen, wurde die Bürgerin an die Stadt verwiesen, die ja für den Radweg zuständig sei. Zunächst folgte die Bürgerin diesem Rat, erhielt aber auch von der Stadt eine abschlägige Antwort. Sie habe weder den Rückschnitt veranlasst noch sei sie für die Bäume zuständig.

    So hin und her geschickt, wandte sich die Bürgerin an den Bürgerbeauftragten und bat diesen um Unterstützung bei der Aufklärung. Dessen Nachfrage bei der unteren Naturschutzbehörde ergab, dass den Hinweisen der Petentin bis dahin tatsächlich noch nicht nachgegangen worden war. Nach weiteren Recherchen wurde festgestellt, dass durch einen Wasser- und Bodenverband insgesamt 61 gesetzlich geschützte Bäume ohne Genehmigung bis auf den Stamm zurückgeschnitten wurden.

    Nach der Ermittlung der Verantwortlichen eröffnete die untere Naturschutzbehörde ein förmliches Verwaltungsverfahren und ordnete für den rechtswidrigen Eingriff Kompensationsmaßnahmen an.

    Naturschutz darf nicht beliebig sein (Fortsetzung aus den Vorjahren)

    Bereits in den Vorjahren berichtete der Bürgerbeauftragte über die rechtswidrige Rodung eines Heckenbiotops im Jahr 2015 und unzureichende Kompensationsmaßnahmen. In den ausführlichen Beratungen des zuständigen Ausschusses des Landtages wurde die Erwartung deutlich, dass im Rahmen der Fachaufsicht das zuständige Ministerium eine ausreichende Kompensation sicherstellen müsse.

    Auch im laufenden Berichtsjahr gab es hierzu einen weiteren intensiven Austausch sowohl mit der unteren als auch mit der obersten Naturschutzbehörde. Es war zu klären, in welcher Höhe das Kompensationsverhältnis als angemessen bestimmt werden kann. Hier wurde behördlich ein Kompensationsverhältnis von 1:1,3 bis 1,4 als ausreichend erachtet. Lange war nicht geklärt, ob die Kompensation in dieser Höhe auch erfolgt ist.

    Darüber hinaus war auch während der Bearbeitung der Petition festgestellt worden, dass die Kompensationsforderungen im Laufe des Verfahrens immer weiter verringert und nicht förmlich an den Verursacher gerichtet worden waren. Sowohl die oberste Naturschutzbehörde als auch der Landkreis sicherten zu, dass dies nachgeholt werde und die Kompensationsmaßnahmen auch per Bescheid festgesetzt werden sollten. Dies ist im Januar 2021 erfolgt – in einem deutlich geringeren Umfang als ursprünglich gefordert. Der Bürgerbeauftragte hat inzwischen gemeinsam mit dem Landkreis einen Ortstermin durchgeführt. Der Augenschein ergab, dass noch deutliche Verbesserungen nötig sind.

    Zwischenzeitliche Äußerungen des Ministeriums, der Verwaltungsaufwand in dieser Angelegenheit decke nicht mehr den Nutzen, lässt der Bürgerbeauftragte nicht gelten. Die Durchsetzung rechtstreuen Verhaltens und wirksamer Kompensation kann gerade in einem Landschaftsschutzgebiet und Heckenbiotopverbund nicht beliebig sein.

    Wenn der Wald kein Wald ist

    Die Eigentümerin eines ca. 1 ha großen Waldes bat um Unterstützung. Die umliegende Bebauung war in den vergangenen Jahren sehr dicht an den Wald herangerückt. Häuser seien in den gesetzlichen Waldabstand gebaut worden. Nun beschwerten sich Anlieger, dass möglicherweise die Eichen im Randbereich des Waldes auf Grundstücke bzw. Häuser stürzen könnten. Auch die Waldeigentümerin wollte die Bäume fällen lassen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.

    Unerwartet sah sie sich mit Forderungen der unteren Naturschutzbehörde konfrontiert. Diese teilte mit, bei der Fläche handele es sich nicht mehr um Wald nach dem Landeswaldgesetz, sondern um ein Biotop nach dem Naturschutzrecht. Damit seien Fällungen und die Verwertung von Holz nicht ohne weiteres möglich.

    Nach langen Verhandlungen, Ortsterminen, Gutachten und hohen Kosten für die Waldbesitzerin stimmte die untere Naturschutzbehörde einer Fällung von vier Eichen im Randbereich wegen der bestehenden Gefahr zu. Eine Entnahme und damit Verwertung des Holzes wurde aber nicht genehmigt.

    Für die Eigentümerin war der Vorgang unverständlich. Sie wandte sich an den Bürgerbeauftragten. Die Einordnung als Biotop sei ohne Anhörung und ohne Information der Eigentümer erfolgt. Ein eingeschalteter Gutachter habe gesagt: „Wenn dieser Wald ein Biotop ist, wären alle anderen Wälder in Mecklenburg-Vorpommern auch Biotope.“ Das Verbot der Holzverwertung sah die Petentin als enteignungsgleichen Eingriff. Holz sei ein wertvoller Rohstoff und dessen Verwertung die einzige Möglichkeit, das Eigentum am Wald zu nutzen. Die Petentin zog auch Vergleiche zu einem ähnlich strukturierten Wald in unmittelbarer Nähe, in den ein Jahr zuvor erheblich eingegriffen worden war. Der Unterschied zwischen diesen beiden Sachverhalten sei nicht erkennbar. Die Entscheidung erscheine daher willkürlich.

    Der Bürgerbeauftragte wandte sich an das Landwirtschaftsministerium als oberste Naturschutzbehörde des Landes und zugleich zuständig für forstliche Angelegenheiten und bat um fachaufsichtliche Prüfung. Der Minister teilte mit, dass es sich nicht um Wald, sondern um ein Feldgehölz handele, da die Fläche von drei Seiten von Feldern umgeben sei. Daher gelte das Naturschutzrecht.

    Der Bürgerbeauftragte teilte diese Einschätzung nicht, da hier nur auf zwei Seiten Felder angrenzten. Wie oben erwähnt, sei an der dritten Seite die Wohnbebauung herangerückt, und somit sei die Fläche anders zu bewerten. In der weiteren Stellungnahme relativierte der Minister, dass es nicht zwingend auf die dreiseitige Umrahmung ankäme. Die Einordnung als Biotop sei richtig. Im Ergebnis wurde aber positiv für die Petentin entschieden, dass bei behutsamer Entnahme die Verwertung des Holzes doch erfolgen könne. Damit konnte dem Anliegen der Petentin wenigstens teilweise entsprochen und ein Gerichtsverfahren vermieden werden.

    Die Kritik von Eigentümern, die erst durch belastende Anordnungen der Naturschutzbehörden erfahren, dass ihr Eigentum – ob Hecke, Wald oder Teich – ein Biotop ist, ist nicht neu. Ein Biotop entsteht aber nicht durch eine Anordnung oder die Aufnahme in das Biotop-Verzeichnis, sondern durch das Vorliegen gesetzlich bestimmter Merkmale. Der Bürgerbeauftragte kann in den Einzelfällen nur klären, ob die Tatbestandsmerkmale tatsächlich vorliegen. Wenn dies der Fall ist, kann er die Petenten lediglich über die Rechtslage aufklären, sie aber nicht von den Rechtsfolgen bewahren.

    Waldgesetz: Wiederaufforstung ist Pflicht (Fortsetzung aus 2016 und 2017)

    Schon im Bericht für das Jahr 2016 wurde über eine Petition berichtet, in der Bürger kritisiert hatten, dass ein 80 m langer Waldstreifen an einem Seeufer gerodet worden war. Seinerzeit war durch das Landwirtschaftsministerium angekündigt worden, dass die Wiederaufforstung, die gesetzlich im Laufe von drei Jahren vorgeschrieben ist, auch durchgesetzt werden solle. Da der Eigentümer die Waldeigenschaft in der Folge abgestritten hatte, wurde ein Waldfeststellungsbescheid erlassen, gegen den im November 2018 Widerspruch eingelegt worden war.

    Die Petenten, die sehr großen Wert auf den Wald am Rande ihres Ortsteils legten, fragten wegen des Zeitablaufs beim Bürgerbeauftragten erneut nach. Die Recherche ergab nun, dass ein Widerspruchsbescheid immer noch nicht ergangen ist. Damit ist die Waldfläche auch fast fünf Jahre nach dem Kahlschlag weder aufgeforstet noch wiederbestockt. Die Befürchtungen der Petenten, dass der Wald dauerhaft verschwinden werde, scheinen sich immer mehr zu bestätigen. Das Petitionsverfahren wird fortgeführt.

    „Wenn’s mal wieder länger dauert …“ (Fortsetzung aus 2019)

    Im Vorjahresbericht hatte der Bürgerbeauftragte verschiedene Fälle dargestellt, in denen sich Bürger über langwierige Entscheidungsprozesse beschwert hatten. Hierin hatte er einen Fall geschildert, bei dem eine Bürgerin schon 2018 darauf hingewiesen hatte, dass Privatpersonen Nutzungen auf ein städtisches Biotop ausgedehnt hatten.

    Auch 2020 konnte kein Fortschritt in der Angelegenheit erzielt werden. Die Vermessung der Grenzen zwischen Biotop und den Privatgrundstücken im Jahr 2019 sollte eigentlich die Grundlage dafür gegeben haben, dass die betroffene Stadt als Eigentümerin des Biotops die rechtswidrige Nutzung untersagt. Dies erfolgte trotz Einschaltung der unteren Naturschutzbehörde nicht, weil die Stadtverwaltung angesichts knapper Ressourcen andere Prioritäten gesetzt hatte. Die untere Naturschutzbehörde hatte von der Stadt gefordert, den gesetzlichen Biotopschutz konsequent durchzusetzen, damit das geschützte Kleingewässer nicht erheblich beeinträchtigt wird. Auf Nachfrage erhielt der Bürgerbeauftragte nur die kurze Auskunft, dass mit der Vorbereitung weiterer Schritte erst im zweiten Quartal 2021 zu rechnen sei.

    Im Berichtszeitraum erreichten den Bürgerbeauftragten 110 Petitionen zum Thema Bildung, Wissenschaft und Kultur; das ist etwas mehr als im Vorjahr (99, 2018: 110). 23 Eingaben hiervon bezogen sich auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie im schulischen Bereich.

     

    Die Petitionen zum Thema Corona stellten die Maßnahmen der Landesregierung nicht grundsätzlich in Frage. Zum Teil erstrebten Petenten sogar einen stärkeren Infektionsschutz. Insbesondere bei der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts zum Schuljahresbeginn 2020/2021 wünschten sie eine stärkere Berücksichtigung persönlicher Gesundheitsrisiken. Es wurde gefragt, ob für das Abitur 2020 die Durchschnittsnoten der letzten Schuljahre gewertet werden könnten, anstatt Abiturprüfungen abzuhalten. Zum Teil ging es um die konkrete Umsetzung von Maßnahmen, z. B. bei der Maskenpflicht, oder um die Einholung von ärztlichen Attesten für Risikogruppen. Soweit notwendig, bat der Bürgerbeauftragte in diesen Fällen das Bildungsministerium um Erläuterungen.

     

    19 Eingaben betrafen die Schülerbeförderung; ein deutlicher Rückgang zum Vorjahreszeitraum (29). In einem Fall bat ein Schüler aus einem Landkreis, bei dem eine Hochbegabung diagnostiziert worden war, um Unterstützung. In der nahegelegenen Großstadt gab es zwei Schulen mit speziellen Hochbegabungsklassen – eine private und eine staatliche. Der Schüler besuchte die private Schule, da diese auch näher lag und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln einfacher zu erreichen war. Der Landkreis verweigerte die Übernahme der Fahrtkosten, da die staatliche Schule örtlich zuständig sei. Zu der weiter entfernten staatlichen Schule hätte er also die Kosten übernommen, nicht aber zu der privaten Schule in derselben Stadt. Der Bürgerbeauftragte drängte auf eine andere Lösung. Diese wurde möglich, weil der Landkreis während des Petitionsverfahrens durch Änderung seiner Schülerbeförderungssatzung die Beförderungskosten zu allen Schulen in der Stadt übernahm.

     

    Das Schulgesetz normiert einen anspruchsvollen Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen. Unter den Lernzielen wird das Verständnis für die grundlegenden Normen des Grundgesetzes genannt. Die Schule soll Schule für Demokratie, Rechtsstaat und Teilhabe sein. Hier entscheidet sich viel, hier werden Rechtsbewusstsein geprägt und Teilhabe eingeübt – oder auch nicht. Umso wichtiger ist, dass auch im Konfliktfall zuerst pädagogische Maßnahmen eingesetzt und Ordnungsmaßnahmen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und unter Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen getroffen werden (vgl. §§ 60, 60a Schulgesetz). Ende 2019/Anfang 2020 fielen allerdings in mehreren Fällen Rechtsverstöße von Schulleitungen gegenüber Schülern auf, die regelwidrig der Schule verwiesen wurden. Zwei Fälle betrafen dieselbe Schule. Die Schulausschlüsse konnten mit Hilfe des Bildungsministeriums rückgängig gemacht werden (siehe Einzelbeitrag). Auch von einzelnen Lehrkräften erreichten den Bürgerbeauftragten Beschwerden über willkürliche Maßnahmen ihrer Schulleiter.

     

    Außerdem suchten im Berichtszeitraum vier Privatschulinitiativen die Hilfe des Bürgerbeauftragten in Genehmigungsverfahren zur Gründung bzw. Erweiterung einer bestehenden Schule in freier Trägerschaft. In den beiden Genehmigungsverfahren für Neugründungen kam es zu Verzögerungen, die unten konkreter dargestellt werden.

     

    Neun Eingaben bezogen sich auf Bildungsabschlüsse (Vorjahr: 5). Ebenso viele betrafen Fragen der Denkmalpflege. Nur in wenigen Fällen wurden Hochschul- und Kulturangelegenheiten angesprochen.

     

    Schulausschluss: So geht es nicht

    Wie schon angesprochen, müssen sich Ordnungsmaßnahmen gegen Schüler im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bewegen und verhältnismäßig sein. Den Bürgerbeauftragten erreichten aber Beschwerden über Ordnungsmaßnahmen, in denen eine grobe Missachtung der gesetzlichen Bestimmungen durch Schulleitungen beklagt wurde.

     

    • Eine Mutter berichtete dem Bürgerbeauftragten verzweifelt, dass sie seit zwei Monaten erfolglos eine Schule für ihre 15-jährige Tochter suche, weil die Achtklässlerin von ihrer bisherigen Schule verwiesen worden war. Diese habe innerhalb einer geschlossenen WhatsApp-Gruppe für die Schüler der Klasse beim allgemeinen „Lästern“ über einen Lehrer ein unangemessenes Bild gepostet und es auf diesen bezogen. Der Post sei nach wenigen Minuten wieder gelöscht worden. Für den Vorgang habe sie bei dem betroffenen Lehrer mündlich und schriftlich um Entschuldigung gebeten, die ihr auch gewährt worden sei. Trotzdem habe die Schulleitung sie mündlich von der Schule verwiesen und ein Betretungsverbot erteilt. Wenn die Familie erfolgreich eine andere Schule finde, gebe es keinen schriftlichen Bescheid.            
      Die Eltern versuchten nun, eine neue Schule in ihrem ländlichen Raum zu finden. Sie baten auch das Staatliche Schulamt um Hilfe, das weder den „Schulverweis“ rechtlich in Frage stellte noch die Petentin bei der Schulsuche energisch unterstützte.           
      Die Prüfung des Bürgerbeauftragten ergab, dass die Schulleitung die rechtlichen Vorgaben ignoriert hatte. Zunächst hätte sie fragen müssen, ob ein Fehlverhalten im privaten Raum überhaupt den Erziehungsauftrag der Schule berührt. Zudem wären zuerst Erziehungsmaßnahmen zu ergreifen gewesen. Ein Ausschluss von der Schule ohne Überweisung an eine andere Schule ist im Schulgesetz gar nicht vorgesehen. Diese Überweisung hätte das Staatliche Schulamt veranlassen müssen. Die Schulsuche darf also nicht den Eltern überlassen bleiben.      
      Der Bürgerbeauftragte bat die Bildungsministerin umgehend um eingehende Überprüfung und Lösung des Falles, damit die Schülerin zügig wieder am Unterricht teilnehmen konnte. Nach einem Monat antwortete das Bildungsministerium, dass Schule und Staatliches Schulamt in den Handlungen der Schülerin eine Wirkung auf den innerschulischen Bereich gesehen hätten. In der knappen Antwort heißt es dann lediglich, „dass an der Schule bei den Verfahren innerhalb der Ordnungsmaßnahmen Grundsätze des Schulgesetzes nicht beachtet wurden. Die Schülerin ist deshalb weiter zu beschulen und somit derzeit weiterhin auch Schülerin dieser Schule.“ Eine weitere Auswertung dieses gravierenden Falls wird nicht ersichtlich. Die Schülerin war insgesamt drei Monate vom Unterricht ausgeschlossen.

     

    • Einige Tage später wurde dem Bürgerbeauftragten von der Mutter einer ebenfalls 15-jährigen Schülerin derselben (!) Schule ein weiterer Fall gemeldet. Ergänzend trug auch der zur Familienhilfe eingesetzte Sozialarbeiter den Sachverhalt vor. Er berichtete zudem, dass allgemein „Störenfriede“ an dieser Schule zu autoritär behandelt würden.     
      Hier hatte die Schule Anfang März 2020 den Eltern mitgeteilt, dass die Schülerin ab sofort vom Schulbetrieb ausgeschlossen werde und eine Rückkehr nur möglich sei, wenn die Schülerin eine therapeutische Behandlung erfolgreich abschließe und ihr in einem ärztlichen Gutachten die Schulfähigkeit bescheinigt werde. Die Schülerin hatte sich zuvor nach selbstverletzendem Verhalten in einer Toilette eingesperrt und geweigert, diese zu verlassen. Wegen des „unberechenbaren, selbstverletzenden Verhaltens“, „beständiger suizidaler Äußerungen“ sowie „stark gehäufter Verstöße gegen Regeln“ sei die Maßnahme erfolgt.  
      Da die Schülerin wegen Missbrauchs schwer traumatisiert war, war sie schon länger in Behandlung in einer Tagesklinik, die auch Erfolge zeigte. Mit der Haftentlassung des Missbrauchstäters hätten aber die Probleme wieder zugenommen, so die Petenten.          
      Auch hier wurde keine Rechtsgrundlage in dem Schreiben der Schule für die einschneidende Maßnahme genannt. Die Maßnahme wurde nicht vorher angedroht, wie es das Gesetz vorsieht.
      Der Bürgerbeauftragte unterstrich in seinem Schreiben gegenüber dem Bildungsministerium, dass zusätzlich zu den rechtlichen Fehlern die Frage nach wirksamen Hilfen für die offensichtlich schwer belastete Schülerin gestellt werden müsse. Die Schulpflicht sei auch durch die Schule zu erfüllen.          
      In dem Antwortschreiben, das den Bürgerbeauftragten nach zwei Monaten erreichte, wies das Ministerium darauf hin, dass die Schule die Aufsichtspflicht aus dem Erziehungsauftrag ohne Unterstützung nicht erfüllen könne. Deshalb sei das Jugendamt unbedingt zu beteiligen. Im Übrigen beinhalte das Schreiben der Schulleiterin zwar die Aussage, dass die Schülerin „ab sofort vom Schulbetrieb ausgeschlossen“ sei. „Das Schulamt informiert jedoch darüber, dass durch das Schreiben der Schulleiterin an die Mutter keine Ordnungsmaßnahme gemäß § 60a Schulgesetz intendiert war. Das Schreiben der Schulleiterin solle der Mutter als belastbares Dokument dienen, um medizinisch-therapeutische Maßnahmen zur Betreuung und Behandlung der Tochter zu akquirieren. Die Schülerin ist und bleibt Schülerin der Schule.“ Die Schulleiterin wurde darauf hingewiesen, bei Schreiben in besonderen Fällen die fachliche Unterstützung der Schulbehörde anzufordern. Auch hier konnte die Schülerin längere Zeit die Schule nicht besuchen.
    • An einer Beruflichen Schule bereitete sich ein Schüler auf das Abitur vor. Wegen Nachlässigkeiten und leichteren Fehlverhaltens gab es Reibungen mit dem Klassenlehrer, die zu einem dreitägigen Ausschluss vom Unterricht geführt hatten. Nachdem der Schüler einige Zeit später zwei Tage unentschuldigt dem Unterricht fernblieb, wurde er vom Schulleiter wenige Wochen vor den Abiturprüfungen aus der Schule „entlassen“. Hier stützte sich die Schule auf § 56 Absatz 4 SchulG, der eine Entlassung nach Erfüllung der Vollzeitschulpflicht erlaubt, wenn ein Schüler zehn Unterrichtsstunden und mehr unentschuldigt gefehlt hat. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt der Bescheid nicht.     
      Auf Intervention des eingeschalteten Bürgerbeauftragten wies das Bildungsministerium die Schulleiterin an, die Ausschulung zurückzunehmen. In dem Bescheid der Schule sei keine ausreichende Ermessenausübung erkennbar. Der Schüler sei nicht rechtzeitig auf mögliche Folgen seines Tuns hingewiesen worden. Die Ordnungsmaßnahme erscheine vor dem Hintergrund der bevorstehenden Abiturprüfungen unverhältnismäßig. Die Schulleiterin wurde angewiesen, dass der Schüler die Aufgaben und Unterrichtsinhalte erhalte.
      Wenn auch in diesem Fall die Schule immerhin die zutreffende Rechtsgrundlage herangezogen hatte, so fehlte ihr doch der Blick für die Notwendigkeit einer Ermessenausübung und für Verhältnismäßigkeit.

    Aus Gesprächen mit Vertretern des Landesschülerrates und des Landeselternrates ergab sich für den Bürgerbeauftragten der Eindruck, dass im Umgang mit Ordnungsmaßnahmen, aber auch allgemein bei der Ermöglichung von Vertretungs- und Teilhaberechten die Verantwortungskultur an den Schulen noch zu verbessern ist. Er wird sich deshalb mit beiden Gremien, aber auch mit der Bildungsministerin um Anstöße in einer fachlichen Veranstaltung bemühen.

    Einschulung: Kind mit Schwerbehinderung „vergessen“

    Eltern von Kinder mit Behinderung stehen täglich vor großen Herausforderungen. Umso wichtiger ist, dass Kinder auch außerhalb der Familie angemessene Betreuung und Förderung erhalten.

    Ende Juli 2020 meldeten sich die Eltern eines sechsjährigen Kindes mit mehrfacher Schwerbehinderung beim Bürgerbeauftragten. Sie teilten mit, dass ihr Kind eigentlich hätte eingeschult werden sollen, dies aber nicht möglich war, weil eine geeignete Schule nicht zur Verfügung stand. In die Kita konnte das Kind nicht zurück, weil dort zwischenzeitlich der Platz neu vergeben worden war.

    Die Eltern baten den Bürgerbeauftragten um Unterstützung. Ihr Anliegen war die Rückkehr in die Kita, um dem Kind wieder einen geregelten Tagesablauf zu ermöglichen. Nachdem sich der Bürgerbeauftragte an den Landrat gewandt hatte, konnte kurzfristig eine Wiederaufnahme in die Kita erreicht werden.

    Es stellte sich aber schnell heraus, dass die weitere Betreuung und Förderung in der Kita bis zum Sommer 2021 nicht dem Kindeswohl entsprach. Das Kind war seit seiner Wiederaufnahme in der Kita verhaltensauffällig, unausgeglichen und verweigerte sich nun den Förderangeboten der Kita. Die Eltern schilderten, dass auch der Umgang zu Hause sehr schwierig war. Als Grund für die Auffälligkeiten wurde von Kita und Eltern benannt, dass das Kind eigentlich hätte in die Schule gehen sollen und daher schon innerlich mit der Kita-Zeit abgeschlossen habe. Es fühlte sich zurückgesetzt. Die Eltern baten daher Anfang September 2020 den Bürgerbeauftragten erneut um Unterstützung, damit das Kind doch noch, wenn auch verspätet, eingeschult werden konnte.

    Bei der weiteren Nachforschung bestätigte sich, dass die Eltern ihr Kind für das Schuljahr 2020/2021 fristgemäß angemeldet hatten. Eine Rückstellung des Kindes wurde in der Schuluntersuchung im Dezember 2019 auch nicht für notwendig erachtet. Auf die erforderliche Begutachtung durch den schuldiagnostischen Dienst warteten die Eltern allerdings mehrere Monate. Erst Ende Juni 2020 hatten sie, nach vielen Versuchen, einen Ansprechpartner im Schulamt erreicht. Das Kind war dann aber nicht mehr gelistet und die Akte nicht auffindbar. Die Eltern fanden für das im August beginnende Schuljahr keine geeignete Schule mehr.

    Der Bürgerbeauftragte wandte sich an die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Das Ministerium bestätigte den Sachverhalt im Wesentlichen. Wegen der Corona-Einschränkungen sei die erforderliche Diagnostik durch das Staatliche Schulamt von März bis Juni 2020 ausgesetzt gewesen. Daher sei der Antrag nicht weiter bearbeitet worden. Das Ministerium veranlasste umgehend eine Klärung. Nach Abstimmung zwischen dem Staatlichen Schulamt und einem Förderzentrum erfolgte dann dort eine Einschulung im laufenden Schuljahr.

    Privatschulen: Genehmigungen stark verzögert

    Der Bürgerbeauftragte hat in den letzten Jahren einige Eingaben zur Gründung von Schulen in freier Trägerschaft erhalten. Allein 2020 wandten sich vier verschiedene Privatinitiativen zur Gründung von Schulen mit Grundschulteil an den Bürgerbeauftragten. Drei von ihnen beklagten unter anderem, dass das Bildungsministerium eine in der Privatschulverordnung verankerte Entscheidungsfrist für solche Genehmigungsanträge nicht eingehalten habe. Die Verordnung sieht vor, dass das Ministerium bis zum 30. April eines Jahres zu entscheiden hat, ob die Schule im darauffolgenden Sommer mit dem Privatschulunterricht beginnen darf. Dies soll dem Schulträger Planungssicherheit bieten. Ohne fristgemäßen Bescheid hängen Antragsteller „in der Luft“, da mit einem solchen Projekt auch Mietverträge, Lehrer-Anstellungsverträge und andere Investitionen verbunden sind. Nicht zuletzt brauchen auch die Eltern der potentiellen Schüler Gewissheit über den Schulstart.

    Während in einem Fall eine Genehmigung erteilt wurde, kündigte das Ministerium in zwei weiteren Fällen erst im Sommer die Ablehnung an und gewährte hierzu den Antragstellern jeweils rechtliches Gehör. Neben anderen Argumenten stützte sich das Ministerium in beiden Verfahren darauf, dass eine Standortkonkurrenz zu vorhandenen staatlichen Schulen bestünde. Auch fehle ein besonderes pädagogisches Interesse.

    Der Bürgerbeauftragte legte dem Ministerium in einem Arbeitsgespräch sowie nachfolgend in einer schriftlichen Ausarbeitung seine Sicht dar. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts dürfe die Standortkonkurrenz regelmäßig kein Hinderungsgrund sein. Auch der vom Ministerium verwendete Maßstab für die Beurteilung des besonderen pädagogischen Interesses sei fraglich. Wegen der pädagogischen Fachbeurteilungen konnte er sich auf zwischenzeitlich durch die Petenten eingeholte gutachterliche Stellungnahmen beziehen. In einem Fall traten auch die Petenten mit anwaltlicher Unterstützung in einen intensiven Dialog mit dem Bildungsministerium und dem Bürgerbeauftragten ein. Schließlich wurde für diese Gründungsinitiative die Genehmigung erteilt.

    Gegenüber der anderen wurde eine zwischenzeitlich erteilte Ablehnung zunächst aufgehoben und das Genehmigungsverfahren vom Ministerium wieder eröffnet. Im Falle dieser Initiative müssen allerdings noch bauliche Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt werden. Die Schule konnte daher zum Schuljahr 2020/21 noch nicht eröffnet werden.

    Zu den Verzögerungen im Genehmigungsverfahren kam es nach Angaben des Ministeriums vor allem wegen langwieriger Erkrankungen. Letztlich müssen jedoch die gesetzlichen Entscheidungsfristen eingehalten werden, zumal es sich hier um grundrechtlich gewährleistete Ansprüche nach Art. 7 des Grundgesetzes handelt. Mehr noch: Schon aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht ergibt sich die Pflicht der Verwaltung, dem Antragsteller rechtzeitige Hinweise zur Stellung geeigneter Anträge mit vollständigen Unterlagen und zur Beschleunigung des Verfahrens zu erteilen. Im Laufe des Jahres hat das Ministerium organisatorische Änderungen vorgenommen, die künftig zur Beschleunigung der Verfahren beitragen sollen.

    Bildungsfreistellungsgesetz: Haushaltsmittel umschichten

    Bereits im Jahr 2018 hatte sich der Inhaber einer Kfz-Werkstatt an den Bürgerbeauftragten gewandt. Er berichtete, dass er im Sommer beim Landesamt für Gesundheit und Soziales Erstattungsmittel aus dem Bildungsfreistellungsgesetz für die berufliche Weiterbildung eines Mitarbeiters beantragt habe. Dieses habe ihm jedoch mitgeteilt, dass die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bereits ausgeschöpft seien.

    Das Bildungsministerium informierte den Bürgerbeauftragten, dass gemäß § 16 Abs. 2 des Bildungsfreistellungsgesetzes höchstens ein Drittel der veranschlagten Haushaltsmittel für Erstattungen für berufliche Weiterbildung verausgabt werden dürfe. Bei einem Titelansatz von 188.000 EUR betrage der entsprechende Anteil 62.800 EUR. Die Mittel seien in den Haushaltsjahren 2014 bis 2018 stets schon bis Mitte des Monats Mai ausgereicht gewesen. Für eine Aufstockung des Mittelansatzes stünden keine Haushaltsmittel zur Verfügung.

    Eine Überprüfung durch den Bürgerbeauftragten ergab aber, dass in den letzten Jahren die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für die nichtberufliche Weiterbildung niemals ausgeschöpft worden waren. Regelmäßig waren ca. 100.000 EUR in dem Titel nicht ausgegeben worden, weil es offenbar aus diesem Bereich kaum Anträge gab. Daher setzte sich der Bürgerbeauftragte gegenüber dem Bildungsministerium und auch beim Landtag in der Folge mehrfach dafür ein, verstärkt Mittel für die berufliche Weiterbildung freizumachen.

    Mit Gesetzesänderung vom 8. Dezember 2020 hat der Landtag beschlossen, für die Zwecke der beruflichen Weiterbildung nun einen Betrag bis zur Hälfte der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel einzusetzen.

    Nach Einschätzung des Bürgerbeauftragten reicht eine solche Änderung ohne eine Erhöhung des Titelansatzes noch nicht aus: Wenn bisher regelmäßig die Haushaltsmittel für die berufliche Weiterbildung schon im Mai ausgeschöpft waren, so ist rechnerisch zu erwarten, dass sich nun der Zeitpunkt auf Ende Juli verschieben wird. Dies bedeutet immer noch, dass fast die Hälfte des Jahres Anträge abgelehnt werden müssen. Insofern hat der Bürgerbeauftragte die Bildungsministerin dringend gebeten, die Angelegenheit im Blick zu behalten und auch zu prüfen, ob nicht mit dem nächsten Doppelhaushalt eine Erhöhung des Titels sinnvoll wäre. Der Bürgerbeauftragte wird die Angelegenheit weiter verfolgen.

    Zum Ressortbereich des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung blieb die Anzahl der Petitionen vergleichsweise hoch, allerdings etwas rückläufig. Waren es 2019 insgesamt 248 Petitionen, sind 223 Petitionen für das Berichtsjahr vermerkt. Dabei spiegeln sich die vier großen Zuständigkeitskomplexe deutlich wider.

    So gab es zum Themenbereich Bauen und Planen insgesamt 84 Petitionen. Die Anliegen und Probleme der baurechtlichen Petitionen lagen wie in jedem Jahr hauptsächlich in den Bereichen der Erteilung oder Versagung von Baugenehmigungen, in bauordnungsrechtlichen Verfahren, in der Beeinträchtigung nachbarlicher Belange und damit verbundenen Drittwidersprüchen. Schwerpunkte waren auch in diesem Berichtszeitraum das Bauen im Außenbereich, Bebauungen in der sog. zweiten Reihe und Lückenbebauungen vor allem im ländlichen Raum. Zuweilen ging es auch darum, die Bauleitplanung zu ändern. Mehrere Petitionen hatten den Bau von Funk- oder Sendemasten im Bereich denkmalgeschützter baulicher Anlagen zum Gegenstand. 12 Petitionen bezogen sich auf Wohngeldfragen. Zur Landesplanung gab es ferner 11 Eingaben, vor allem in Bezug auf Windeignungsgebiete.

    47 Petitionen betrafen Fragen des Straßenverkehrs, oft auch verbunden mit Forderungen zum Straßenausbau oder baulichen Veränderungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Im Berichtsjahr beklagten sich mehrere Bürger darüber, dass sie nach Verkehrsverstößen wegen der Neufassung des Bußgeldkatalogs höhere Bußgelder bezahlen mussten, obwohl wenig später diese Änderung als formell rechtswidrig erkannt worden war. Hier erläuterte der Bürgerbeauftragte nach Erörterung mit dem Ministerium, dass wegen der Zahlung der Bußgelder durch die Petenten die Verfahren bestandskräftig abgeschlossen worden waren. Nach den besonderen Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechtes konnten sie auch nicht wieder aufgenommen werden.

    Eine Reihe von Eingaben bezog sich auf konkrete Gefahren im Straßenverkehr, deren Beseitigung aber oft länger dauern kann. So beschwerten sich Anlieger schon im Juli 2019 über eine geänderte Ausfahrtsregelung für ein Wohngebiet einer Stadt. Bei der nun zu benutzenden Straße behinderte ein Verteilerkasten die Sicht, eine sichere Ausfahrt auf die Hauptstraße war auch nach Einschätzung des Bürgerbeauftragten nicht gegeben. Erst nachdem dieser bei der Stadtverwaltung die Angelegenheit wiederholt angesprochen hatte, wurde zunächst die Ausfahrtsregelung für die meisten betroffenen Grundstücke wieder geändert und nach 15 Monaten endlich auch der Verteilerkasten umgesetzt.

    20 Anfragen richteten sich auf das Thema Digitalisierung und Breitbandausbau. Hier wurde deutlich, dass der geförderte Breitbandausbau nicht alle Haushalte, die bisher unterversorgt sind, erreichen wird. Gutes Internet für jedermann ist daher noch nicht absehbar, was zu enttäuschten, aber auch sehr empörten Anfragen geführt hat, da durch die öffentlichen Ankündigungen eine große Erwartungshaltung geweckt worden war. Es bleiben unterversorgte Gebiete. Nach den Veröffentlichungen des Ministeriums sind ungefähr 58.000 Haushalte betroffen, über deren Anschluss nun im Rahmen von zusätzlichen Programmen beraten und abgestimmt wird.

    Wenn das Land nicht haften will

    In den letzten Jahresberichten hatte der Bürgerbeauftragte die Problematik mit Schadensregulierungen des kommunalen Versicherers angesprochen. Dort beklagten Bürger die Ablehnung ihrer berechtigten Forderungen gegen die Kommunen. Neben dem finanziellen Schaden entstand hierdurch bei den Bürgern auch ein erheblicher Vertrauensverlust im Hinblick auf die beteiligten Behörden, weil eine Regulierung des Schadens vorgerichtlich nicht erfolgte. Im Berichtsjahr musste sich der Bürgerbeauftragte nun erstmals mit einem ähnlichen Fall gegenüber dem Land befassen.

    Zwei Bürger berichteten unabhängig voneinander, dass ihre Fahrzeuge durch Steinschlag bei Mäharbeiten einer Straßenmeisterei beschädigt worden seien. Der eingesetzte Mitarbeiter habe mit einem Freischneider in Richtung der vorbeifahrenden Fahrzeuge gearbeitet. Durch aufgeschleuderte Steine habe es Schäden am Lack und an den Scheiben gegeben. Auf ihre unverzügliche Schadensmeldung vor Ort sei der Vorgang an einen privaten Versicherer abgegeben worden. Dieser habe aber eine Regulierung abgelehnt, da der Mitarbeiter alles „im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren“ getan habe, um die „Verkehrsteilnehmer weitgehend vor Schäden zu schützen“.

    Der von den Petenten eingeschaltete Bürgerbeauftragte wandte sich an den Verkehrsminister und bat darum, auf die Versicherung einzuwirken. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes reichen bei solchen Arbeiten Warnschilder oder andere Hinweise nicht aus, da die Verkehrsteilnehmer dadurch noch nicht die Möglichkeit hätten, der Gefahr der Steinschlag durch Anpassung ihrer eigenen Fahrweise zu entgehen. Aus diesem Grund ist es notwendig, andere, wirksamere Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel das Aufspannen von Schutzplanen oder das Flankieren der Mäharbeiten durch ein anderes Fahrzeug zu ergreifen. Der Bürgerbeauftragte wies darauf hin, dass schon ein einfaches Unterbrechen des Mähens bei Annäherung von Fahrzeugen die Schäden verhindert hätte.

    In einer Stellungnahme wies das Ministerium darauf hin, dass der Sachverhalt keineswegs unstreitig sei. Derartige Schutzmaßnahmen seien nicht so einfach möglich und würden unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen als „überzogene Forderung“ angesehen, die „wirtschaftlich nicht begründbar“ sei. Ohnehin entscheide der private Versicherer selbstständig über die Regulierung.

    In verschiedenen Gesprächen setzte sich der Bürgerbeauftragte trotzdem beim Ministerium für eine Lösung ein. Er wies darauf hin, dass bei dem benutzten Mähgerät herstellerseitig ein Sicherheitsabstand von 15 Metern vorgesehen sei. Wenn sich Schäden nicht vermeiden ließen, so müssten sie wenigstens zügig reguliert werden. Unabhängig von der Verschuldensfrage regte er an, dass die Versicherung jedenfalls in einer Kulanzregelung die – durchaus überschaubaren – Kosten übernehmen solle. Hierzu kam es dann auch. Ohne das Tätigwerden des Bürgerbeauftragten wäre den Petenten nur die gerichtliche Geltendmachung geblieben.

    Für den Bürgerbeauftragten ist es, wie auch beim kommunalen Versicherer, wichtig, dass bei der Inanspruchnahme eines privaten Versicherers die Verwaltung aufgrund ihrer Bindung an Recht und Gesetz aktiv dazu beiträgt, dass berechtigte oder plausibel dargelegte Forderungen reguliert werden.

    Immer wieder: Verkehrsberuhigung

    Anliegen zur Verkehrsberuhigung und Verkehrssicherheit werden regelmäßig an den Bürgerbeauftragten herangetragen. Oftmals wünschen sich Anwohner die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, insbesondere in Wohnstraßen oder Ortsdurchfahrten. Dies ist aber nach der im Land üblichen restriktiven Auslegung der geltenden Regelungen meist nicht möglich. Es gab auch in mehreren Fällen Beschwerden darüber, dass seit Jahren bestehende Tempo-30-Beschränkungen durch die Straßenverkehrsbehörde aufgehoben wurden, so dass nun wieder eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h galt. Dies wollten die Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verkehrssicherheit, Lärm und Erschütterungen nicht hinnehmen.

    So berichtete beispielswiese ein Petent, dass eine betroffene Wohnstraße schmal und ohne Gehweg sei. Insofern müssten Fußgänger, darunter Kinder auf dem Schulweg, auf der Straße laufen. Diese seien schon jetzt gefährdet, da Tempo 30 nicht von allen Verkehrsteilnehmern eingehalten werde. Der vom Bürgerbeauftragten angefragte Landkreis erklärte, dass im Zuge der regelmäßigen Verkehrsschauen festgestellt worden sei, dass es an der Straße keine Einrichtungen gebe, die eine Geschwindigkeitsreduzierung rechtfertigen würden. Unfälle seien bisher hier auch nicht bekannt geworden. Der Bürgerbeauftragte räumt ein, dass die Entscheidung rechtlich nicht angreifbar sein dürfte. Aber bei gehöriger Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums wären auch andere Entscheidungen möglich. Bei den Bürgern lösen solche Erhöhungen der zulässigen Geschwindigkeit Unverständnis aus.

    Regelmäßig fordern Bürger auch die Aufstellung von Fußgängerampeln zur Überquerung von Durchgangsstraßen, gerade auch für den Weg zu den Schulbussen. Diese wird von den Verkehrsbehörden häufig mit der Begründung abgelehnt, dass die nach den einschlägigen Vorschriften notwendige Mindestzahl der Fußgängerquerungen nicht erreicht werde, Unfälle dort nicht bekannt seien und deswegen die Sicherheit der Fußgänger hinter die „Leichtigkeit des Verkehrs“ für die Kraftfahrer zurücktreten müsse. Auch hier kann der Bürgerbeauftragte oftmals die Petenten nur darauf hinweisen, dass diese Regelungen bei den geringen Einwohnerzahlen in den betroffenen Dörfern und damit der kleinen Zahl querender Fußgänger besondere Fußgängerquerungen faktisch ausschließen. Er begrüßt es, dass die Landesregierung inzwischen auf Bundesebene eine Änderung dieser Vorschriften angeregt hat, damit auch in kleineren Orten sichere Fußgängerquerungen rechtlich eher möglich sind. Denn entscheidend sollte immer der Grad der Gefährdung von Fußgängern, gerade auch der Schulkinder und älterer Menschen, sein, nicht die Anzahl der gefährdeten Personen.

    Immer wieder angesprochen werden Probleme bei der Durchsetzung von Geschwindigkeitsbeschränkungen, gerade innerorts. Kontrollen können nicht oft durchgeführt werden. Als relativ effektives Mittel hat sich hierfür die Aufstellung von Geschwindigkeitsanzeigern erwiesen, die den vorbeifahrenden Verkehrsteilnehmern mit „Smilies“ die gefahrene Geschwindigkeit spiegeln. Deswegen hat der Bürgerbeauftragte bei solchen Eingaben den beteiligten Gemeinden auch angeraten, diese Tafeln zu beschaffen und aufzustellen. Es zeigte sich jedoch, dass manche Gemeinde selbst diese vergleichsweise geringen Kosten nicht tragen kann. Hier empfahl der Bürgerbeauftragte, mangels anderer Fördermöglichkeiten Anträge für den Strategiefonds einzureichen. Es wäre hilfreich, wenn die Landesregierung für solche Maßnahmen der Verkehrssicherheit eine Fördermöglichkeit eröffnen würde.

    Auch zur Verkehrssicherheit bei Straßenbaumaßnahmen wandten sich mehrfach Bürger an den Bürgerbeauftragten. In einem Fall kritisierten sie, dass beim Straßenbau die Fahrbahn sehr dicht an die Grundstücksgrenze herangerückt wurde und so jegliche Sicherheitszone zwischen der Ausfahrt und der Straße fehlt, nachdem man sich dazu entschieden hatte, nur auf einer Straßenseite einen Fußgängerweg zu errichten. Tatsächlich wurde bei einem Ortstermin sichtbar, dass nur das Minimum des nach der Straßenbaurichtlinie notwendigen Abstands verblieben war. Letztlich kann in einem solchen Fall nachträglich nicht mehr abgeholfen werden.

    Anders ist es, wenn die Bürger sich vor Beginn der Baumaßnamen im Rahmen der Planung an den Bürgerbeauftragten wenden. In einem Fall konnte mit der Stadt eine geringfügige Veränderung und Verschiebung des Fahrbahnverlaufes noch im Rahmen der Planung bewirkt werden, so dass man dort einen zusätzlichen Pufferbereich von ca. 60 cm schaffen konnte. In einem weiteren Fall war die betroffene Stadt allerdings nicht bereit, den Sicherheitsraum von 50 cm zwischen Grundstücksgrenze und Straße zu erweitern.

    Nur scheinbar öffentliche Wege (Fortsetzung aus 2019)

    Im Vorjahresbericht hatte der Bürgerbeauftragte über die Schwierigkeiten berichtet, wenn ein scheinbar öffentlicher Weg einer Privatperson gehört. Die Petition ist auch im Berichtszeitraum nicht abgeschlossen worden. Allerdings hat das vom Bürgerbeauftragten schon 2014 vorgeschlagene Bebauungsplanverfahren zwischenzeitlich weitere Verfahrensschritte genommen. Der Entwurf des Bebauungsplanes liegt vor. Das Beteiligungsverfahren hat stattgefunden und die Gemeindevertretung muss nach der Abwägung entscheiden.

    Leider hat es, wohl auch wegen der langen Dauer des Verfahrens, nun weitere zivilgerichtliche Verfahren gegeben, da der Flächeneigentümer wiederum den Weg und Zufahrten blockierte und erneut Forderungen nach „Wegezoll“ erhob. In erster Instanz haben die Petenten das zivilrechtliche Verfahren gewonnen.

    Der Bürgerbeauftragte bleibt bei seiner schon 2014 getätigten Aussage, dass nur durch eine abschließende Entscheidung im Planverfahren die Rechtssicherheit geschaffen werden kann, auf die die Bürger nun schon viele Jahre warten.

    Breitbandausbau mit Lücken

    Im Laufe des Berichtsjahres gab es sehr viele kritische Anfragen an den Bürgerbeauftragten zur Durchführung des Breitbandausbaus. Trotz Ankündigung einer flächendeckenden Versorgung gibt es zum Teil Orte, aber auch Haushalte, die unberücksichtigt bleiben. In einigen Orten erhielten sogar unbewohnte Liegenschaften wie ein Geräteschuppen und ein Friedhof einen Anschluss, Anwohner dagegen nicht.

    Der nach dem Bundesprogramm geförderte Breitbandausbau wird von den Landkreisen koordiniert, so dass der Bürgerbeauftragte dann bei den jeweiligen Koordinierungsstellen angefragt hat. Im Ergebnis waren die meisten Beschwerden berechtigt, denn die Förderkriterien waren eigentlich erfüllt.

    Grundsätzlich sollte die Förderung greifen, wenn Adressen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht über eine Bandbreite von mindestens 30 MBit/s verfügen bzw. deren Anbindung auch nicht durch ein Telekommunikationsunternehmen eigenwirtschaftlich erfolgt oder erfolgen soll. Um zu ermitteln, welchen Bedarf es gibt, hatte 2015 ein Markterkundungsverfahren stattgefunden. Dabei waren die Telekommunikationsunternehmen befragt worden, wo keine ausreichende Mindestversorgung von 30 MBit/s gegeben und eine eigenwirtschaftliche Anbindung nicht vorgesehen war. Nur dann konnten Grundstücke über das Förderprogramm angeschlossen werden.

    Bei den verschiedenen Petitionssachverhalten gab es im Wesentlichen drei Ursachen für den fehlenden Anschluss:

    • In dem Markterkundungsverfahren war angegeben worden, dass eine ausreichende Versorgung gegeben sei, was sich dann als fehlerhaft herausstellte.
    • Es gab die Erklärung von Anbietern, man werde eigenwirtschaftlich ausbauen. Damit war der jeweilige Adresspunkt formal als nicht förderfähig einzustufen. Der Ausbau erfolgte jedoch entgegen den Ankündigungen nicht.
    • In einigen Fällen fehlte einfach die entsprechende Adresse in der Erfassung.Diese Probleme gab es in der Mehrheit der Landkreise. Zum Ende des Berichtszeitraums wurde vom Ministerium die Möglichkeit geprüft nachzusteuern, um die „weißen Flecken“ zu erschließen.In einigen wenigen Fällen machte das ausführende Unternehmen das privatrechtliche Angebot, dass bei einer Zahlung einer mittleren dreistelligen Summe der Anschluss von dem beauftragten Unternehmen im selben Zug hergerichtet werden könnte. Der Bürgerbeauftragte riet dazu, zur Sicherheit solche Angebote anzunehmen.

    Planung schafft Baurecht

    Häufig wenden sich Petenten an den Bürgerbeauftragten, die Bauvorhaben realisieren möchten, welche aber an den gewünschten Standorten ohne Bauleitplanungen der jeweiligen Kommunen nicht genehmigungsfähig sind.

    • So sprachen in einem Fall mehrere Mitglieder einer Interessengemeinschaft beim Bürgerbeauftragten vor, die Baugenehmigungen für verschiedene Vorhaben begehrten. In einer Erholungssiedlung an der Küste, die bauplanungsrechtlich im Außenbereich lag, gibt es mehrere Ferienhäuser aus den 1930er bis 1960er Jahren, die stark sanierungsbedürftig sind. Bei diesen „Badehütten“ reichten bestandssichernde Maßnahmen nicht mehr aus. Entsprechende Bauanträge waren schon drei Jahre zuvor gestellt worden; die Verfahren ruhten aber wegen der noch nicht abgeschlossenen Bauleitplanung.       
      Der Beschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans wurde durch die Gemeinde bereits 2008 gefasst. Das in Rede stehende Gebiet sollte als Sondergebiet „Erholung“ festgesetzt werden. Über die Jahre war der Entwurf achtmal geändert und neu ausgelegt worden. Bezüglich des Bebauungsplans hatte sich die Gemeinde für ein Parallelverfahren zum Flächennutzungsplan entschieden. Auch der Bebauungsplan durchlief in dieser Zeit mehrere Beteiligungsverfahren.        
      Da eine Entscheidung trotz allem nicht absehbar war, war es nun der Wunsch der Petenten, über die sogenannte Planreife nach § 33 des Baugesetzbuches in Einzelfallentscheidungen schon vorab zu den begehrten Baugenehmigungen zu gelangen. Die Gemeinde hat den Landkreis ebenfalls gebeten, die Prüfung der Planreife für den Bebauungsplan vorzunehmen. Auch der jetzt beteiligte Bürgerbeauftragte wandte sich mit der Bitte um eine Entscheidung an den Landkreis, da aus seiner Sicht wegen der fortgeschrittenen Planung die Planreife vorliegen dürfte.
      Der Landkreis erklärte in seiner Antwort, dass der Planentwurf an Verfahrensfehlern leide, die zu seiner Unwirksamkeit führen könnten. Eine Grundlage für eine Genehmigung nach § 33 BauGB sei damit nicht gegeben. Auch sei ungewiss, ob der Planentwurf in seiner derzeitigen Fassung in Kraft treten werde. Insoweit sei weder die formelle noch die materielle Planreife gegeben. Sobald die Voraussetzungen vorliegen würden und der Bebauungsplan nach Genehmigung des Flächennutzungsplans rechtswirksam bekanntgemacht worden sei, könnten die ausgesetzten Bauantragsverfahren weitergeführt und beschieden werden.    
      Auf Drängen des Bürgerbeauftragten gegenüber der Gemeinde wurde die Bauleitplanung danach zügig fortgeführt. Den dann verabschiedeten Flächennutzungsplan genehmigte der Landkreis. Nach dessen Wirksamwerden konnte der Bebauungsplan bekannt gemacht werden und in Kraft treten. Die Vorhaben der Petenten wurden nach Jahren endlich genehmigt.
    • In einem anderen Fall ist der Petent Inhaber eines Unternehmens. Für den Bau einer Fertigungshalle hatte er schon 2018 ein Grundstück erworben und einen Bauantrag gestellt. Das Bauvorhaben lag im Bereich eines gültigen Bebauungsplanes. Sein Vorhaben sollte aber die darin festgesetzten Baugrenzen und Abstandsflächen überschreiten. Vor Ort wäre das aber unproblematisch gewesen, da ein anliegender Wendehammer ebenfalls abweichend vom Bebauungsplan deutlich kleiner gebaut worden war. Der Unternehmer stellte einen Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans.
      Die Gemeinde war mit dem Vorhaben einverstanden. Sie erteilte das gemeindliche Einvernehmen sowohl zum Neubau des Betriebsgebäudes als auch zu dem Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zur Überschreitung der Baugrenze. Die Baugenehmigungsbehörde sah das Vorhaben jedoch als planungsrechtlich unzulässig an, weil die Grundzüge der Planung verletzt seien. Der Unternehmer trat daraufhin mit der Bitte um Änderung des Bebauungsplans an die Gemeinde heran.          
      Da der Bürger zunehmend unter Zeitdruck geriet, wandte er sich auch an den Bürgerbeauftragten und bat ihn um Unterstützung für ein beschleunigtes Verfahren. In der Folge bemühte sich der Bürgerbeauftragte intensiv bei der Gemeinde und dem Landrat um eine schnelle Lösung.      
      Die Gemeinde unterstützte nun sehr schnell das Anliegen durch entsprechende Beschlussfassung. Nach weiteren Interventionen des Bürgerbeauftragten erteilte dann auch der Landkreis zügig die Baugenehmigung, so dass mit dem Bau begonnen werden konnte.

    Funkmasten: Auf den Standort kommt es an

    Im Berichtszeitraum wandten sich Bürger aus verschiedenen Orten an den Bürgerbeauftragten, die sich über die Errichtung von Sendemasten an sensiblen Standorten beklagten. So suchten mehrere Bürger einer Stadt den Kontakt zum Bürgerbeauftragten und beklagten die Errichtung eines Funkmastes in der Sichtachse eines Schlossensembles. Im Vorfeld hatte es keine Bürgerinformationen oder -beteiligungen gegeben. Der Bürgerbeauftragte wandte sich an die Stadt und an den Landrat.

    Der Bürgermeister teilte mit, dass die Stadt das Einvernehmen für dieses und ein weiteres Funkmastvorhaben versagt habe. Die bestehende städtebauliche Situation werde nachhaltig gestört und das Ortsbild beeinträchtigt. Noch gravierender seien aber die denkmalschutzrechtlichen Auswirkungen für die schutzwürdigen Teile der barocken Altstadt. Die historische Blickachse zwischen dem Schloss und der Stadtkirche würde auf Dauer wesentlich in Mitleidenschaft gezogen.

    Der Landkreis führte aus, es habe des Einvernehmens der Stadt nicht bedurft. Das Vorhaben stünde mit den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans im Einklang. Darin seien zwar Höhenfestsetzungen für Gebäude, nicht jedoch für bauliche Anlagen – wie hier den Funkmast – getroffen worden. Die Stadt habe die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente des Bauplanungsrechts nicht hinreichend genutzt. Zudem, erklärte der Landkreis, teilten die Denkmalschutzbehörden die denkmalrechtlichen Argumente der Stadt nicht. Sowohl die untere Denkmalschutzbehörde als auch das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege hätten das Vorhaben positiv begleitet.

    Öffentlich äußerte der Landrat, dass die untere Denkmalbehörde zwar Bedenken gegen den Bau gehabt hätte, die aber von der oberen Denkmalfachbehörde des Landes nicht mitgetragen worden seien. Es habe das Vorhaben positiv beurteilt. Somit sei die Baugenehmigung mit Zustimmung des Landesamtes erteilt worden.

    Mit Blick auf die sonstige Verwaltungspraxis des Landesamtes war dies für den Bürgerbeauftragten nicht plausibel und er wandte sich zwecks Überprüfung des Sachverhalts direkt an diese Behörde. Das Landesamt stellte nun klar, dass für die Baugenehmigung kein Einvernehmen erteilt werden sollte. Das Einvernehmen sei vielmehr zur negativen Stellungnahme der unteren Denkmalschutzbehörde erteilt worden. Das sprachlich nicht ganz eindeutige Schreiben des Landesamtes hatte der Landkreis allerdings missverstanden und als Einvernehmen zur Baugenehmigung gewertet.

    Der Bürgerbeauftragte ist der Auffassung, dass die erteilte Baugenehmigung jedenfalls ohne Berücksichtigung der denkmalrechtlichen Bewertung erfolgt und damit rechtswidrig ergangen ist und deshalb zurückgenommen werden könnte. In diesem Sinne wandte er sich nochmals an den Landkreis.

    Der Landkreis blieb bei seiner Auffassung, eine Rücknahme der Baugenehmigung komme nicht in Betracht. In der Stellungnahme des Landesamtes sei unzweifelhaft von einem Genehmigungsbescheid die Rede, das Einvernehmen des Landesamtes sei insoweit zu unterstellen.

    Die Zweifel des Bürgerbeauftragten an der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung konnten dadurch nicht ausgeräumt werden. Er nahm Kontakt zum Ministerium als oberste Bauaufsichtsbehörde auf. Die Klärung dauert an.

    Die Wohnung in der alten Scheune

    Bauarbeiten an Bestandsbauten im Außenbereich können baurechtlich problematisch sein. Im Bestand sind nur Instandhaltungsarbeiten, aber keine weitergehenden Maßnahmen erlaubt. In einem solchen Fall wandte sich die Eigentümerin einer alten Scheune an den Bürgerbeauftragten.

    In dieser Scheune gab es schon seit vielen Jahren eine Wohnung. Wegen eines Hausschwammbefalls wurde mit einer Sanierung begonnen. Der Landkreis sprach einen Baustopp aus, da die Entkernungsarbeiten zu umfangreich seien. Die Eigentümerin sollte einen Standsicherheitsnachweis und ein Sanierungskonzept vorlegen und einen Bauantrag einreichen. Dieser Aufforderung kam sie nach.

    Der Landkreis lehnte jedoch den Bauantrag ab. Der Scheunenteil würde zum Wohnen umgenutzt und der Bestandsschutz sei aufgrund der zu umfangreichen Sanierung erloschen. Darüber hinaus wurde auf den Außenbereich und eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange verwiesen. Für die Eigentümerin war dies nicht nachvollziehbar; an der Kubatur und Statik von Scheune und Wohneinheit würde sich nichts ändern. Es sei lediglich ein Balken ausgetauscht worden; für die Wohnung gebe es im Übrigen eine Baugenehmigung aus dem Jahr 1949.

    Nun bat die Eigentümerin den Bürgerbeauftragten um Hilfe. Dieser wandte sich mit dem Hinweis, dass das Vorhaben seinerzeit im Einklang mit dem damals geltenden Baurecht errichtet worden sei, an den Landkreis. Durch die ursprünglich erteilte Baugenehmigung sei die Wohnnutzung gedeckt; es liege ein eigentumsrechtlich geschützter Bestandsschutz vor. Auch könne eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch eine Fortführung der genehmigten Nutzung nicht hervorgerufen werden. Der Bürgerbeauftragte erörterte ferner das Anliegen mit dem zuständigen Dezernenten.

    Der Landkreis erklärte nach erneuter Prüfung zunächst, dass das Vorhaben in den Bauantragsunterlagen widersprüchlich bezeichnet worden sei. Im Rahmen der weiteren Prüfung sei noch eine Stellungnahme der Denkmalschutzbehörde angefordert worden, ob es sich um ein erhaltenswertes, das Bild der Kulturlandschaft prägendes Gebäude handele, da sich dies positiv auf die beantragte Genehmigung auswirken würde. Tatsächlich befürwortete die Denkmalschutzbehörde in ihrer Antwort den Erhalt und die „Wiederbelebung“ der Scheune durch eine adäquate Nutzung. § 35 Abs. 4 BauGB erlaubt in solchen Fällen Nutzungsänderungen. Der Ablehnungsbescheid wurde aufgehoben. Die Baugenehmigung für das Vorhaben der Petentin wurde erteilt.

    Der gesetzlich erteilte besondere Beratungs- und Unterstützungsauftrag des Bürgerbeauftragten bringt es mit sich, dass Anfragen und Eingaben zu sozialrechtlichen Angelegenheiten oder mit einem sozialen Schwerpunkt immer den größten Anteil haben. Das war auch im Angesicht der Pandemie nicht anders. 2020 wurden 914 Fälle diesem Themenbereich zugeordnet (2019: 827), also fast 45 % aller Eingänge (Vorjahr 47 %).

    Durch den starken Anstieg bei den Anliegen der Menschen mit Behinderungen, die wesentlich das Sozialgesetzbuch IX betrafen, auf 247 Fälle (2019: 136) ist dieser Sachbereich erstmalig am stärksten in der Statistik vertreten. Hier, bei der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, bezogen sich vergleichsweise viele Eingaben (54) auf Corona-Regelungen und -Probleme. Zum SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) gingen 226 Eingaben (Vorjahr: 239) ein. 115 (2019: 91) betrafen das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe).

    Die Zahlen können allerdings nicht immer wiedergeben, dass sich in sehr vielen Fällen die Pandemie indirekt auch bei sozialen Leistungen und Hilfestellungen auswirkte. Eine Reihe von Verwaltungen waren ja über Monate geschlossen. Persönliche Vorsprachen waren, wenn überhaupt, nur im Einzelfall möglich. Beratungen erfolgten überwiegend telefonisch. Das hatte spürbare Auswirkungen etwa für Hilfen zur Erziehung, bei Ermittlung der Bedarfe in der Pflege oder bei der Arbeitsvermittlung für Arbeitslose und Arbeitssuchende. Die Problemstellungen werden in den einzelnen Sachgebieten näher dargestellt.

    Einen deutlichen Anstieg der Petitionen gab es im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe auf 115 (Vorjahr: 91, 2018: 114). Personensorgeberechtigte, Pflegeeltern, Verwandte und erneut Träger der freien Jugendhilfe baten den Bürgerbeauftragten um Hilfe. Auch juristischen Personen des Privatrechts steht das Petitionsrecht zu.

    Personensorgeberechtigte standen vor allem während des ersten Lockdown im Frühjahr vor der Herausforderung, wie sich die eigene Erwerbstätigkeit mit der Kinderbetreuung und „Beschulung“ der Kinder zu Hause miteinander vereinbaren ließ. Der Bürgerbeauftragte informierte über Regelungen und beriet dazu. Wenn eine sogenannte Notfallbetreuung nicht erfolgte, obwohl die Eltern im Bereich der kritischen Infrastruktur arbeiteten, schaltete der Bürgerbeauftragte die zuständige Verwaltung ein. Kurzfristige Lösungen wurden so in der Regel ermöglicht.

    Mehrfach beschwerten sich Eltern und Elternvertreter, weil Kita-Träger Verpflegungskosten abrechneten, obwohl die Kinder wegen des Besuchsverbotes die Einrichtung nicht besuchen durften. Das Sozialministerium teilte dem Bürgerbeauftragten dazu mit, dass es eine Abrechnung der Verpflegungskosten gegenüber den Eltern seit April 2020 bis zum erneuten Förderbeginn der Kinder im Rahmen der Notfallbetreuung oder des eingeschränkten Regelbetriebes nur dann für statthaft halte, wenn das Essen den Eltern zur Abholung angeboten wird. Der Teil der Kosten, der für Lebensmittel und Zubereitung der Speisen aufgewendet werde, entfalle seit dem Besuchsverbot Mitte März 2020. Kosten für das Küchenpersonal oder laufende Kosten für Mieten könnten über geeignete Maßnahmen wie zum Beispiel Kurzarbeit oder Notfallprogramme für Unternehmen während der Corona-Pandemie genutzt werden. Der Bürgerbeauftragte informierte die Petenten über die Rechtslage und beriet sie zum Verhalten gegenüber den Trägern. Ab Juni 2020 gab es dazu keine weiteren Beschwerden.

    Neben Fragen zur Kindertagesbetreuung beriet der Bürgerbeauftragte unter anderem zum Unterhaltsvorschuss, zur Hilfe zur Erziehung (§§ 27 ff. SGB VIII) und Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35 a SGB VIII), zur Hilfe für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII), zu Kostenbeiträgen bei voll- oder teilstationären Leistungen (§§ 91 ff. SGB VIII) oder zu Fragen von Elternzeit und Elterngeld. Falls erforderlich, holte der Bürgerbeauftragte Stellungnahmen der Verwaltung ein.

    Bearbeitungsstau bei Kita-Anträgen

    Schon in den Vorjahren hat der Bürgerbeauftragte auf das Problem fehlender Betreuungsplätze in den Kindertageseinrichtungen hingewiesen. Auch 2020 erreichten den Bürgerbeauftragten dazu eine Vielzahl von Beschwerden. Eltern beklagten, dass ein Platz in der Kindertagesbetreuung nicht oder nur mit erheblicher Verzögerung gefunden werden konnte.

    Die mit Abstand meisten Beschwerden kamen von Personensorgeberechtigten und Trägern der Kindertageseinrichtungen aus einem Landkreis. Es gab mehrmonatige Bearbeitungsrückstände im Jugendamt. Anträge wurden nicht rechtzeitig bearbeitet. Telefonisch oder per E-Mail war die Verwaltung für Bürger und Träger kaum erreichbar. Auf Nachfragen wurde oft nicht reagiert. Eltern und Träger der Kindertageseinrichtungen brachte das in Bedrängnis.

    So meldeten sich Träger von Kindertageseinrichtungen, weil sie erhebliche finanzielle Ausfälle hatten. Diese betreuten die Kinder, erhielten dafür jedoch nicht die gesetzlich vorgesehenen Entgelte. Ursächlich war auch hier ein organisatorisch bedingter Rückstand bei der Bearbeitung der Anträge. Eine kleine Einrichtung brachte das an den Rand der wirtschaftlichen Existenz. Aber auch große Träger beklagten Rückstände von mehreren Zehntausend Euro.

    Der Bürgerbeauftragte hatte deswegen mehrfach Kontakt zu Landrat und Verwaltung. Eine Lösung zeichnete sich aber zunächst nicht ab. Über Abschlagszahlungen an die Träger schaffte der Landkreis eine Übergangslösung. Nach einem Gespräch mit dem Landrat im Oktober 2020, in dem der Bürgerbeauftragte auf Bitten der Träger auf deren massive Probleme hinwies, erteilte der Landrat die Zusage, eine Lösung bis Mitte November 2020 erreichen zu können. Nach den Rückmeldungen beim Bürgerbeauftragten wurden dann die wesentlichen Bearbeitungsrückstände abgearbeitet. Die Träger erhielten die ausstehenden Leistungsentgelte. Den Beschwerden der Eltern wurde in vielen Fällen abgeholfen.

    Die folgenden Einzelfälle verdeutlichen aber, in welche Not Personensorgeberechtigte kamen und welche Folgen sie zu tragen hatten:

    • Mehrere Eltern informierten darüber, dass über ihre Anträge auf Anerkennung des Bedarfs seit mehreren Monaten nicht entschieden werde. Auch sei die Verwaltung des Landkreises weder per E-Mail noch telefonisch erreichbar. Teilweise habe man die Elternzeit verlängern oder sich vom Arbeitgeber ohne Bezahlung freistellen lassen müssen, um die Kinder zu betreuen. In einem Fall erhielt ein Vater bereits die Kündigung des Arbeitgebers, weil er sein Kind betreuen musste und daher nicht arbeiten konnte. In diesem und auch in anderen Fällen gelang es nach Einschaltung des Bürgerbeauftragten, dass die Verwaltung dann über die Anträge entschied. Der Bedarf wurde jeweils anerkannt. Im geschilderten Fall nahm der Arbeitgeber die Kündigung zurück.
    • Für eine alleinerziehende Mutter war hingegen keine Hilfe möglich. Diese hatte noch in der Elternzeit einen Krippenplatz für ihr Kind beantragt. Hier war das Problem nicht nur die fehlende Bearbeitung und Rückmeldung durch das Jugendamt, sondern auch der fehlende Betreuungsplatz. Trotz der Initiative des Bürgerbeauftragten und der darauf einsetzenden Hilfe des Jugendamtes konnte keine Lösung erreicht werden. Ein freier Betreuungsplatz war nicht zu finden. Im Ergebnis vereinbarte die Petentin mit ihrem Arbeitgeber ein Ruhen des Arbeitsvertrages. Sie entschied sich, für ein Jahr Arbeitslosengeld II zu beantragen. Ab Sommer 2021 steht ein Betreuungsplatz zur Verfügung.
    • In einem weiteren Fall, der einen anderen Landkreis betraf, informierte eine Mutter darüber, dass ihr Antrag auf Inanspruchnahme einer Ganztagsförderung abgelehnt wurde. Der Landkreis berief sich auf seine Richtlinie, die vorsieht, dass Personensorgeberechtigte nachweislich in der Regel wöchentlich über 30 Stunden erwerbstätig sein müssen, wenn sie eine Ganztagsförderung beanspruchen. Die alleinerziehende Mutter hatte als Sozialarbeiterin einen Arbeitsvertrag über 25 Stunden. Obwohl sie die Notwendigkeit der flexiblen Arbeitszeit, Über- und Mehrstunden nachwies und zusätzlich Fahrzeiten geltend machte, erkannte der Landkreis den Bedarf für einen Ganztagsplatz nicht an.       
      Der Bürgerbeauftragte wies den Landrat darauf hin, dass zusätzliche Pausenzeiten, Fahrzeiten sowie die flexible Arbeitszeit eine andere Bewertung erforderten. Eine individuelle Prüfung des Bedarfs sei bisher nicht erfolgt. Eine schematische Anwendung der Satzungsregelung sei nicht rechtmäßig. Kindertagesförderungsgesetz (KiföG M-V) und auch SGB VIII verlangten, dass der Bedarf im Einzelfall zu ermitteln sei. Feste Arbeitszeitregelungen als einziger Bemessungsmaßstab seien weder in Bundes- noch Landesgesetzen vorgesehen. Der Landkreis erkannte daraufhin den Bedarf an.

    Ganztagsbetreuung trotz Elternzeit?

    Mehrere Petitionen gingen zu der Frage ein, ob ein Anspruch auf Ganztagsförderung in Kindertageseinrichtungen besteht, wenn Eltern sich in Elternzeit befinden. Nach der Geburt eines Kindes wünschen Eltern manchmal für die Betreuung des Geschwisterkindes oder der Geschwisterkinder eine Ganztagsbetreuung. Sie begründen dies in der Regel mit der eigenen Belastung, die sich durch die Betreuung mehrerer Kinder ergibt. Eingeschränkte Hol- und Bringezeiten oder feste Betreuungszeiten bei Teilzeitplätzen würden sich belastend auf die Situation der Familie auswirken. Mit diesem Anliegen wandten sich zum Beispiel Mütter nach der Geburt des vierten oder fünften Kindes an den Bürgerbeauftragten.

    Nach § 7 Abs. 3 KiföG M-V kann eine Förderung im Umfang von 50 Wochenstunden (Ganztagsförderung) beansprucht werden, wenn dies zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf notwendig oder im Sinne des § 20 (Hilfe in Notsituationen) und des § 27 SGB VIII (Hilfen zur Erziehung) erforderlich ist. Die Frage der Unvereinbarkeit von Beruf und Familie stellt sich aber in der Elternzeit nicht.

    Zur grundsätzlichen Klärung hatte sich der Bürgerbeauftragte an die Sozialministerin gewandt. Diese teilte mit, dass die Erziehung und Pflege des Kindes nach der Verfassungs- und Gesetzeslage zuallererst die Pflicht der Eltern sei. Die staatliche Kinderbetreuung erfülle hierzu einen unterstützenden und ergänzenden Förder- und Bildungsauftrag für die Kinder. Kindertagesförderung richte sich daher nicht primär auf die Entlastung der Eltern von der Pflege und Erziehung ihrer Kinder, sondern gestalte sich als unterstützende frühkindliche Bildung für alle Kinder. Die individuelle Förderung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege erfolge grundsätzlich in einem Umfang von 30 Wochenstunden. Eine darüberhinausgehende Förderung sei nur für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder im Sinne der §§ 20, 27 ff. SGB VIII vorgesehen. Die Ministerin stellte aber auch klar, dass das örtlich zuständige Jugendamt über den Einzelfall entscheiden könne, wenn eine besondere Belastung im Sinne des KiföG M-V dargelegt werde.

    Hortbetreuung: Was ist bedarfsgerecht? (Fortsetzung aus den Vorjahren)

    Schon seit 2015 befasst sich der Bürgerbeauftragte mit der sich wiederholenden Ablehnung einer Förderung im Hort im Landkreis Rostock. Der Landkreis erkannte generell einen Bedarf nicht an, wenn Personensorgeberechtigte arbeitslos, in Elternzeit oder in Teilzeit unter 20 Stunden sind. Der Bürgerbeauftragte argumentiert seit Jahren, dass nach den Regelungen des KiföG M-V und des SGB VIII in jedem Einzelfall eine Bedarfsermittlung zu erfolgen hat. Der Betreuungsbedarf basiert auf der individuellen Situation der Personensorgeberechtigten oder auf einem speziellen Förderbedarf des Kindes. Hierauf hatte das Sozialministerium auf Bitten des Bürgerbeauftragten mehrfach die Landkreise und kreisfreien Städte hingewiesen.

    Der Bürgerbeauftragte drang auf eine entsprechende Satzungsänderung. Zum 01.01.2020 passte der Landkreis zwar die bestehende Satzung an die Rechtslage des novellierten KiföG M-V an, indem er die bisherigen abschließenden Ausnahmetatbestände durch das Wort „insbesondere“ erweiterte. Damit kann die Verwaltung also grundsätzlich weitere Bedarfe anerkennen. Eine individuelle Bedarfsprüfung mit Blick auf das Kind ist aber nach wie vor nicht vorgesehen. Das Innenministerium teilte auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten mit, dass die geänderte Satzung formal hinreichend und daher eine rechtsaufsichtliche Beanstandung nicht geboten sei.

    Der Bürgerbeauftragte aber hielt an seiner Kritik fest. Rückmeldungen der Personensorgeberechtigten zeigten nämlich, dass die Anwender in der Verwaltung, trotz der Modifizierung der Satzung, weiter schematisch und eben gerade nicht unter Berücksichtigung des Einzelfalls entschieden. Da die Bemühungen gegenüber der Verwaltung keine Wirkung zeigten, informierte der Bürgerbeauftragte die Vorsitzenden der Fraktionen im Kreistag, den Kreistagspräsidenten und die Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses. Die Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses kündigte an, dass sich der Ausschuss weiter mit der Thematik befassen werde. Auch eine Fraktion griff das Thema öffentlich auf und wollte sich für eine bessere Regelung einsetzen. Der Bürgerbeauftragte besprach das Thema auch mit dem Landrat und wird es weiter begleiten.

    Hortbetreuung am Ende der Grundschulzeit (Fortsetzung aus 2019)

    Über die nicht ermöglichte Hortbetreuung von Kindern zwischen dem Ende des Unterrichts in der 4. Klasse und dem Schulstart in der 5. Klasse wurde bereits im Vorjahr informiert. Im Berichtsjahr gab es weitere Beschwerden hierzu.

    Hauptgrund für die Lücke in der Hortbetreuung vor Eintritt in die 5. Klasse sind die unterschiedlichen Regelungen im KiföG M-V und im Schulgesetz. Für die Petenten ergaben sich bei dem frühen Beginn der Sommerferien viele Wochen, in denen die Kinderbetreuung nicht gesichert war, obwohl in den Horten Kapazitäten bestanden. Denn nach dem KiföG M-V wird der Hortbesuch vom Eintritt in die Schule „bis zum Ende des Besuchs der Grundschule“ ermöglicht. Dieses Gesetz stellt nach Auffassung des Sozialministeriums auf den tatsächlichen Schulbesuch ab. Entsprechend endet die Hortbetreuung mit dem letzten Schultag. Das Schulgesetz hingegen, das der Bürgerbeauftragte zur Auslegung heranzog, legt das rechtliche Ende des Schuljahres auf den 31. Juli fest.

    Die Auslegung des Ministeriums hielt der Bürgerbeauftragte für nicht überzeugend und bat um nochmalige Überprüfung. Im Juni 2020 teilte das Ministerium dem Bürgerbeauftragten mit, dass für eine längere Betreuung in den Ferien eine Änderung des KiföG M-V erforderlich wäre. Die Hortträger müssten dann ihre Leistung für die betroffenen Kinder um mehrere Wochen ausweiten. Die anfallenden Platzkosten wären in der bisherigen Finanzierung nicht enthalten. Das Ministerium sicherte aber zu, die Anregung des Bürgerbeauftragten in kommenden Gesetzgebungsverfahren zu prüfen.

    Der Bürgerbeauftragte hält eine entsprechende Gesetzesänderung nach wie vor für sinnvoll. Je nach Lage der Sommerferien ergeben sich nämlich zum Teil mehrwöchige Lücken in der Kinderbetreuung zwischen dem praktischen Ende des vierten Schuljahres und dem Beginn des fünften. Diese Lücken sind von den Eltern mit den privaten Urlaubsansprüchen oft nicht zu überbrücken. Insgesamt sollte also eine Regelung getroffen werden, die dem Bedarf gerecht wird und die Hortbetreuung am Ende der Grundschule zeitlich näher an den Unterrichtsbeginn im neuen Schuljahr heranführt.

    Plötzlich angeordneter Umzug bedroht Ausbildung

    Das Kinder- und Jugendhilferecht sieht verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung vor. So wird Hilfe zur Erziehung für Personensorgeberechtigte geleistet, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Diese Leistungen können auch junge Volljährige beanspruchen.

    Des Weiteren bietet das Kinder- und Jugendhilferecht eine Hilfestellung in existenziell schwierigen Situationen. § 19 SGB VIII sieht dazu die Betreuung werdender Mütter in einer gemeinsamen Wohnform vor, wenn sie vor und nach der Geburt eines Kindes in eine solche Situation geraten. Diese Wohnform ist dabei oft eine große Hilfe, gerade weil viele sehr junge Mütter noch keine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung haben. Die gesetzlich vorgesehene Leistung dient daher auch zur Vorbereitung auf ein eigenständiges Leben.

    Eine 19-jährige junge Frau lebte mit ihrer fünfjährigen Tochter in einer solchen Wohnform. Sie hatte in den vergangenen Jahren mehrere Umzüge und auch Beziehungsabbrüche hinter sich. Das Kind lebte zeitweise in Pflegefamilien. Mit dem Einzug in die betreute Wohnform im Mai 2020 kehrten Stabilität und Sicherheit in das Leben der jungen Frau und ihrer Tochter zurück. Das Kind besuchte eine Kita und war dort gut integriert. Im September 2020 begann die junge Frau an ihrem neuen Wohnort eine von der Arbeitsagentur geförderte Maßnahme mit dem Ziel, einen Berufsabschluss zu erreichen.

    Wenige Tage später wandte sich die junge Frau an den Bürgerbeauftragten, weil das Jugendamt als zuständiger Kostenträger einen unverzüglichen Umzug aus der Stadt an einen 50 km entfernten ländlichen Ort und eine Unterbringung in einer dortigen Mutter-Kind-Einrichtung anstrebte. Dies war für die junge Frau unverständlich und brachte sie in große Not. Ein freier Kita-Platz im Umfeld der neuen Einrichtung war nicht zu finden. Bei einem Umzug hätte die Petentin zudem die Maßnahme der Arbeitsagentur abbrechen müssen. Die junge Frau war verzweifelt.

    Auch nach einer ersten schriftlichen Initiative des Bürgerbeauftragten übte das Jugendamt massiv Druck auf die junge Frau aus und wollte sie so zu einem „freiwilligen“ Umzug innerhalb weniger Tage bewegen. Daraufhin telefonierte der Bürgerbeauftragte auch mit dem Landkreis und bat, die Umzugsaufforderung auszusetzen, um den Sachverhalt aufzuklären und Mutter und Kind in dieser Zeit nicht weiter unnötig zu belasten. Das Büro des Landrates teilte zunächst mit, dass der Fachdienstleiter Jugend keinen zeitlichen Aufschub gewähren wollte. Der Bürgerbeauftragte solle die weitere Bearbeitung abwarten.

    Mit dieser Antwort konnte sich der Bürgerbeauftragte nicht zufriedengeben. Es wurden von der Verwaltung keine Gründe genannt, warum der Umzug überhaupt erforderlich sein sollte. Ebenso war nicht klar, warum zeitliche Änderungen nicht möglich sein sollten. Der Bürgerbeauftragte verwies darauf, dass das verfassungsrechtlich garantierte Petitionsrecht ins Leere laufen würde, wenn das Verwaltungsverfahren nicht aufgeschoben werden könnte. Zwischenzeitlich hatte die Petentin auch einen Bescheid vom Mai 2020 vorgelegt. Aus diesem ergab sich, dass die betreute Wohnform bis Mai 2021 bewilligt war. Dieser Bescheid war von der Verwaltung nicht aufgehoben oder widerrufen worden. Die Beendigung der Maßnahme sollte allein aus Kostengründen erfolgen, ohne das Wohl der kleinen Familie zu berücksichtigen.

    Offensichtlich führte die erneute Intervention des Bürgerbeauftragten, ergänzt durch ein Telefongespräch mit dem Dezernenten, zu einem Umdenken in der Verwaltung. Die Petentin erhielt einen Anruf des Jugendamtes: Der Umzug wurde abgesagt. Die junge Frau durfte mit ihrem Kind in ihrer Einrichtung wohnen bleiben. Die Fortführung der Ausbildung und die Kinderbetreuung waren somit gesichert.

    Die 32 Anfragen und Beschwerden aus dem Rechtskreis des SGB III (Arbeitsförderung) betrafen unterschiedlichste Fallgestaltungen. Bürger hatten Fragen zu ihren Leistungsansprüchen oder zu Sperrzeiten. Der Bürgerbeauftragte beriet die Ratsuchenden oder leitete die Anliegen an die Arbeitsagentur weiter.

    Der plötzliche Lockdown im März 2020 hatte die Schließung der Arbeitsagenturen für den Publikumsverkehr zur Folge. Persönliche Vorsprachen waren grundsätzlich nicht mehr möglich. Die Arbeitsagenturen in unserem Bundesland haben sich jedoch schnell auf die neue Situation eingestellt. Beim Bürgerbeauftragten gab es nur wenige Beschwerden wegen unzureichender telefonischer Erreichbarkeit. Bürger berichteten dem Bürgerbeauftragten aber auch, dass gelegentlich persönliche Gespräche zur Arbeitsvermittlung abgelehnt oder um mehrere Monate verschoben wurden. Grundsätzliche Anliegen zur verlängerten Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I oder zum Kurzarbeitergeld leitete der Bürgerbeauftragte an die Staatskanzlei weiter mit der Bitte, sich auf Bundesebene für Änderungen zugunsten der Bürger einzusetzen. Zwischenzeitlich hat der Bundesgesetzgeber die Anspruchsdauer von Arbeitslosengeld I um drei Monate verlängert, beim Kurzarbeitergeld bis zum Jahresende 2021.

    Dem Bürgerbeauftragten liegt sehr an einer Teilhabe von jungen Menschen am Arbeitsleben. Dies setzt eine gute Ausbildung voraus. Im zweiten Halbjahr wandten sich mehrfach Auszubildende hilfesuchend an den Bürgerbeauftragten. Hier konnte der Bürgerbeauftragte nach Einschaltung der Arbeitsagentur zum Teil positiv vermitteln oder zur Aufklärung beitragen. Hierfür ist der folgende Fall beispielhaft:

    • Ende Oktober 2020 meldete sich eine 17-Jährige beim Bürgerbeauftragten. Sie berichtete, dass sie die Schule nach der Vollzeitschulpflicht ohne Schulabschluss verlassen hatte, diesen aber dringend nachholen wolle. Hierzu hatte sie bereits erfolgreich einen Vorbereitungskurs absolviert, für den sie aufgrund der Arbeitslosigkeit ihrer Mutter einen Bildungsgutschein vom Jobcenter erhalten hatte. Die zuständige Arbeitsagentur wollte nun aber die Kosten für den Kurs zur Erlangung des Schulabschlusses nicht übernehmen, da inzwischen die Familie keine Leistungen mehr bezog.     
      Die junge Frau aber hatte den unbedingten Willen, den Schulabschluss zu erlangen. Sie ließ sich von ihren ehemaligen Mitschülern den Schulstoff zusenden und lernte eigenständig, um möglichst in den schon laufenden Kurs einzusteigen.
      Der Bürgerbeauftragte wandte sich schriftlich an die Arbeitsagentur. Telefonisch wurde nochmals auf die besondere Situation hingewiesen. Die Arbeitsagentur beauftragte daraufhin den berufspsychologischen Dienst, um die Eignung festzustellen. Im Ergebnis dieser psychologischen Einschätzung wurde dann doch zugunsten der jungen Frau entschieden. Mit dieser Einzelfallentscheidung ermöglichte die Arbeitsagentur der jungen Frau, in den Kurs beim Bildungsträger einzusteigen und so den Schulabschluss nachzuholen.

    .

    Zum SGB II erreichten den Bürgerbeauftragten während der Coronazeit deutlich weniger Anfragen. Die Änderungen im SGB II wirkten sich für die Betroffenen spürbar als Erleichterung aus, was auch durch den Vollzug der Verwaltung verstärkt wurde.

    Im März 2020 ist § 67 in das SGB II eingefügt worden. Damit konnten bis Ende des Jahres Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in einem vereinfachten Verfahren schnell und unbürokratisch zugänglich gemacht werden. Die Betroffenen – insbesondere selbständig Tätige ohne Anspruch auf vorrangige Leistungen wie Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld oder Insolvenzgeld – können so zügig unterstützt werden.

    So war in den ersten sechs Monaten der vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 begonnenen Bewilligungszeiträume nur erhebliches Vermögen zu berücksichtigen. Für diese Zeit waren bei neuen Anträgen die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung anzuerkennen. Nach vorläufiger Leistungsbewilligung durfte nur auf Antrag des Leistungsberechtigten abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch entschieden werden. Diese Sonderregelungen führten beim Bürgerbeauftragten zu einem geringeren Bedarf an Beratung und Unterstützung im Bereich des SGB II. Minderungen des Arbeitslosengeldes II wegen Meldeversäumnissen, die mit etwa 75 Prozent der häufigste Grund für eine Kürzung darstellen, verringerten sich, da wegen des Kontaktverbotes keine persönlichen Termine angesetzt wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen Leistungen nämlich nur gemindert werden, wenn zuvor eine persönliche Anhörung ermöglicht worden ist.

    Allerdings erreichten den Bürgerbeauftragten viele Anfragen von Soloselbständigen und Freiberuflern, die aufgrund des Wegfalls ihrer Erwerbsgrundlage nach Hilfe suchten. Der Bürgerbeauftragte musste darauf hinweisen, dass für den Lebensunterhalt der Betroffenen ALG II zu beantragen war.

    Trotz der Sonderregelungen verblieb Unterstützungsbedarf, denn § 67 SGB II wurde nicht stets korrekt angewandt. So wurden Leistungsberechtigten nicht die tatsächlichen, sondern nur die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung anerkannt. Antragsteller wurden aufgefordert, die Anlage zum Vermögen einzureichen, obgleich sie im vereinfachten Antrag angegeben hatten, dass ihre Bedarfsgemeinschaft nicht über erhebliches Vermögen verfüge und es hierfür auch keine Anhaltspunkte gebe. Selbständige wurden nach vorläufiger Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgefordert, die Anlagen zu ihrem abschließenden Einkommen einzureichen, obgleich sie nicht zuvor die abschließende Entscheidung über ihren monatlichen Leistungsanspruch beantragt hatten.

    Auskunft, Rat und Unterstützung gab es ferner zum Kindergeld-Bonus, insbesondere zu seiner Höhe, zu den Zahlungsterminen und als nicht zu berücksichtigendes Einkommen. Nachfragen gab es auch zu Leistungen für pandemiebedingten Mehrbedarf, insbesondere für internetfähige Endgeräte für schulpflichtige Kinder.

    Alle Jahre wieder! (Fortsetzung aus den Vorjahren)

    Bereits in den Berichten aus den Vorjahren hatte der Bürgerbeauftragte über die wiederholten Probleme einer Bürgerin mit einem Jobcenter berichtet. Das Jobcenter wollte jeweils bei der Weiterbewilligung von Leistungen Mehrjahresbescheide über die Festsetzung der Grundsteuer und anderer Gebühren nicht als Bedarf für die Unterkunft anerkennen. Dreimal musste das Jobcenter nach der Einschaltung des Bürgerbeauftragten anerkennen, dass auch Mehrjahresbescheide für diesen Zweck ausreichen.

    Im Berichtsjahr wandte sich die Bürgerin zum vierten Mal mit derselben Problematik an den Bürgerbeauftragten. Das von diesem angeschriebene Jobcenter bedauerte, erneut die Grundsteuer nicht als Bedarf für die Unterkunft und Heizung anerkannt zu haben. Ursache des Fehlers sei diesmal der Einsatz einer Vertreterin gewesen, der die Problematik nicht bekannt gewesen sei. Eine zügige Korrektur des Bescheides wurde zugesagt, erfolgt aber erst nach erneuter Nachfrage des Bürgerbeauftragten vier Monate später. Es bleibt abzuwarten, ob damit nun dauerhaft das Problem gelöst ist.

    Schnelle Lösung nötig: Sonderbedarfe für Ofen und Heizung

    Empfänger von Arbeitslosengeld II können auch Leistungen für Sonderbedarfe beantragen, wenn diese unabweisbar sind und nicht aus den Regelsätzen gedeckt werden können, so z.B. für die Reparatur oder Neuanschaffung von Heizungen oder Öfen. Gerade in der Heizperiode ist es dabei wesentlich, dass Leistungen unbürokratisch und zügig bewilligt werden:

    • Im Winter 2020 berichtete ein Bezieher von Arbeitslosengeld II, dass sein Kaminofen defekt sei. Der Schornsteinfegermeister habe den weiteren Betrieb verboten. Ein Austausch sei notwendig, weil es keine Ersatzteile gab.         
      Auf den Antrag des Petenten habe das Jobcenter aber zunächst einen Nachweis von einer Fachfirma verlangt, dass eine Reparatur nicht möglich ist. Für diesen Fall müssten drei Kostenvoranschläge für die Neubeschaffung eines Kaminofens beigebracht werden. Trotz aller Bemühungen konnte der Petent einen Nachweis von einer Fachfirma nicht erlangen. Er konnte auch nur einen Kostenvoranschlag beibringen.  
      Das Jobcenter bestand jedoch weiterhin auf Einreichung der angeforderten Unterlagen, sonst werde der Antrag abgelehnt. Auf Bitte des Petenten habe daraufhin wenigstens der Schornsteinfeger bescheinigt, dass der Kaminofen auszutauschen sei.         
      Der Bürgerbeauftragte legte gegenüber dem Jobcenter den Sachverhalt noch einmal dar und regte an, dass schnellstmöglich auf dieser Grundlage über den Antrag des Petenten entschieden werden solle. Schon wenige Tage später sicherte das Jobcenter dann die Kostenübernahme zu.
    • In einem anderen Fall trug eine arbeitslose Bürgerin im Winter vor, dass ihre Heizung defekt sei. Seitdem habe sie kein warmes Wasser mehr. Ein Heizungsinstallateur habe die Reparaturkosten mit über 2.000 EUR beziffert. Daraufhin hatte sie beim Sozialamt die Übernahme dieser Kosten beantragt. Das Sozialamt leitete ihren Antrag an das Jobcenter weiter, da die Petentin noch arbeitsfähig sei. Das Jobcenter verwies die Petentin jedoch mit der Begründung an das Sozialamt zurück, dass sie nicht im laufenden Leistungsbezug sei.    
      Das konnte die Petentin nicht verstehen und schaltete den Bürgerbeauftragten ein. Dieser wandte sich an das zuständige Jobcenter mit der Bitte, schnellstmöglich über den Antrag zu entscheiden. Er wies darauf hin, dass nach der Rechtsprechung einmalige Bedarfe auch dann anzuerkennen sind, wenn nicht zu erwarten sei, dass über den gesamten Zeitraum existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II bezogen werden. Entscheidend sei für den Leistungsanspruch, inwieweit die entstandenen unterkunfts- und heizungsbezogenen Zahlungsverpflichtungen mit dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen gedeckt werden könnten.      
      Umgehend nach Eingang seines Schreibens kontaktierte das Jobcenter die Bürgerin und sandte ihr noch am selben Tag die Antragsunterlagen zu. Eine Woche später erhielt sie einen Gutschein zur Übernahme der Reparaturkosten für die defekte Heizung. Einen Tag später wurde die Heizung repariert.

    Existenz ist zu sichern

    Mit Bescheid vom Dezember 2019 waren einer Mutter und ihrem Sohn vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für das erste Halbjahr 2020 bewilligt worden. Im März 2020 lehnte das Jobcenter die Bewilligung von Leistungen ab diesem Monat ab, da sie Anspruch auf Wohngeld und Kinderzuschlag hätten und sie damit nicht hilfebedürftig seien. Die Mutter wurde aufgefordert, Wohngeld und Kinderzuschlag zu beantragen, was sie tat. Kinderzuschlag und Wohngeld wurden Ende Mai 2020 bewilligt. Bis dahin mussten Mutter und Sohn mit den gekürzten Bezügen auskommen, weswegen sie sich an den Bürgerbeauftragten wandten.

    Vergeblich hatte der Bürgerbeauftragte das Jobcenter aufgefordert, den Ablehnungsbescheid aufzuheben. Dieser hätte nicht erlassen werden dürfen. Die Mutter hätte nur aufgefordert werden dürfen, Kinderzuschlag und Wohngeld zu beantragen. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts seien vorläufig weiterzuzahlen, bis tatsächlich Wohngeld und Kinderzuschlag bei der Mutter eingehen. Sofern ein vorrangiger Anspruch auf Kinderzuschlag und Wohngeld festgestellt werde, müsse das Jobcenter in Vorleistung gehen und dann gegenüber Familienkasse und Wohngeldstelle einen Erstattungsanspruch anmelden.

    Nach Erlass des Wohngeldbescheides räumte das Jobcenter ein, dass es zu einem früheren Zeitpunkt vorläufig hätte entscheiden müssen. Hier hatte das Jobcenter gegen das gesetzliche Grundprinzip verstoßen, dass Einkommen nicht fiktiv berücksichtigt werden darf, sondern tatsächlich zufließen muss. Nur so lässt sich Hilfebedürftigkeit vermeiden.

    Mit 36 ging die Zahl der Eingaben zur Sozialhilfe im Vergleich zum Vorjahr (45) zurück. Die meisten Anfragen richteten sich auf die Möglichkeiten des Leistungsbezugs. Ferner wünschten Bürger Unterstützung bei ablehnenden oder verzögerten Bescheiden. Dies betraf sowohl monatliche Leistungen der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung als auch einmalige Bedarfe wie z.B. für Heizmaterialien. Vereinzelt hatten diese Fälle auch mit der Corona-Pandemie zu tun, wenn z.B. Altersrentner wegen des Wegfalls von Hinzuverdienstmöglichkeiten kein ausreichendes Einkommen mehr für ihre Lebensführung hatten. Mehrfach wurde auch die Hilfe zur Pflege in stationären Einrichtungen angesprochen, weil die Alterseinkünfte nicht mehr ausreichten, die steigenden Kosten eines Pflegeheims zu bezahlen. In all diesen Fällen beriet der Bürgerbeauftragte die Bürger und nahm, soweit notwendig, auch Kontakt zu den Leistungsträgern auf.

    Die Anzahl der Eingaben im Bereich der weiteren gesetzlichen Sozialversicherungen fiel mit 137 im Berichtsjahr etwas höher aus als im Vorjahr (127). Dabei blieben die Zahlen im Bereich der Krankenversicherung mit 54 (Vorjahr: 55) und Unfallversicherung mit 6 (4) konstant. Mit Anliegen zur Pflegeversicherung wandten sich nun mehr als doppelt so viele Bürger an den Bürgerbeauftragten (44, Vorjahr: 21), während zur Rentenversicherung deutlich weniger Anfragen eingingen (33, Vorjahr: 47).

    Bei der gesetzlichen Krankenversicherung wurden unterschiedliche Themen angesprochen. Nur neun dieser Petitionen bezogen sich auf coronabedingte Probleme, hier insbesondere die Frage, wer die Kosten für den zu einem Krankenhaus- oder Reha-Aufenthalt benötigten Test zu tragen hat (vgl. hierzu 4.). Die Ankündigung der Ausgabe von Masken durch die Krankenkassen löste viele telefonische Nachfragen beim Bürgerbeauftragten aus.

    Häufiger angesprochen wurden individuelle Fragen zum Krankenversicherungsschutz, zur Kostenübernahme bestimmter Medikamente oder Hilfsmittel und zum Krankengeld. Ferner gab es Beschwerden über die nicht ausreichende ärztliche Versorgung, zur fehlenden Übernahme von Fahrtkosten oder zur Ablehnung von Reha-Maßnahmen. Der Bürgerbeauftragte klärte hier zur Rechtslage auf und nahm, soweit notwendig, im Einzelfall auch Kontakt zur jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse auf, um das Anliegen der Petenten zu unterstützen.

    Eingaben zur Pflegeversicherung betrafen ebenfalls sehr unterschiedliche Themen. Sieben Fälle bezogen sich mittelbar oder unmittelbar auf die Corona-Pandemie. Häufiger angesprochen wurden die gestiegene Kostenbelastung der Bewohner von Pflegeheimen und die Feststellung des Pflegegrades. Weitere Petitionen bezogen sich auf das Pflegegeld. In diesen Themenbereichen wurden die Bürger regelmäßig zu ihren Rechten und Möglichkeiten beraten.

    Deutlich weniger Eingaben behandelten Fragen der Rentenversicherung (33, Vorjahr: 47). Den größten Anteil (14) machten Probleme bei der Beantragung der Erwerbsminderungsrente aus. In den vorgetragenen Fällen war in der Regel die Gewährung einer solchen Rente abgelehnt worden, da die medizinischen Gutachten der Rentenversicherung den Antragstellern noch eine ausreichende Erwerbsfähigkeit zusprachen. Demgegenüber verwiesen die Petenten auf ihre gesundheitlichen Probleme, die eine Arbeitsfähigkeit in ihren Augen ausschließen würden. Der Bürgerbeauftragte erläuterte den Bürgern die Grundlage der Entscheidung und rät generell dazu, die ärztlichen Unterlagen auch selbst einzusehen. Er wies die Bürger auf ihre weiteren rechtlichen Möglichkeiten hin.

    Mehrere Petitionen betrafen die Anerkennung von Arbeitszeiten oder Zahlungen bei der Berechnung der Altersrente. Auch zur Rentenhöhe oder bestimmten Rentenarten wurden Anfragen gestellt und Beschwerden eingereicht. Soweit erforderlich, nahm der Bürgerbeauftragte Kontakt zum Rentenversicherer auf. Bemängelt wurde im ersten Halbjahr in wenigen Fällen auch, dass coronabedingt persönliche Beratungen bei der Rentenversicherung nicht erfolgen konnten oder sich die Gewährung ihrer Altersrente verzögerte.

    Nach dem Gesetz hat der Bürgerbeauftragte insbesondere die Aufgabe, die Belange von Menschen mit Behinderungen wahrzunehmen. Eine Aufgabe, die auf der einen Seite die Unterstützung bei Einzelproblemen umfasst und auf der anderen Seite die Behandlung von Grundsatzfragen mit begleitender Medien- und Öffentlichkeitsarbeit. Der sonst häufige Besuch bei Verbänden und Organisationen der Behindertenselbsthilfe im Land, die Teilnahme an Fachveranstaltungen und Besuche in Einrichtungen der Eingliederungshilfe und Werkstätten konnten 2020 coronabedingt nur in engen Zeiträumen stattfinden. Wegen der Pandemie gab es eine Fülle neuer Rechtsverordnungen, Richtlinien und anderer Regelungen, die Menschen mit Behinderung betrafen. Die Unterstützung des Bürgerbeauftragten war deswegen besonders gefragt war.

    Neue Themen durch Corona

    In der ersten Phase der Pandemie gab es naturgemäß Anfangsprobleme. So fehlte in zahlreichen Behinderteneinrichtungen Schutzbekleidung für die Mitarbeiter. Der Bürgerbeauftragte konnte über das Innenministerium erreichen, dass mit der zweiten Großlieferung für das Land auch die Behinderteneinrichtungen bedacht wurden. Weitere Petitionen betrafen im Frühjahr die Förderschulen. Nur zögerlich und manchmal auch nur durch ein Einschreiten des Bürgerbeauftragten konnte der Anspruch auf eine Notbetreuung für Kinder mit komplexen Behinderungen ermöglicht werden.

    Besuchs- und Ausgangsrecht in Einrichtungen

    In dieser Zeit erreichten den Bürgerbeauftragten Petitionen zum Besuchs- und Ausgangsrecht in besonderen Wohnformen für Menschen mit Behinderung, aber auch in Pflegeeinrichtungen. Nachdem Besuche zunächst vollständig untersagt waren, kam es ab 15. Mai 2020 zu einer vorsichtigen Lockerung. Eine feste Bezugsperson durfte unter Wahrung des Abstands für eine Stunde am Tag zu einem Besuch in die Einrichtung kommen.

    Die Verordnungen des Landes gaben jedoch lediglich die rechtlichen Mindestbedingungen vor, die die Einrichtungen einzuhalten hatten. Was tatsächlich vor Ort umgesetzt wurde, oblag den Einrichtungsleitungen. Daher fiel die Umsetzung vor Ort sehr unterschiedlich und teilweise auch deutlich restriktiver aus. Auch Träger von Einrichtungen wurden zu den Grenzen des Erlaubten und des Geforderten beraten. In Gesprächen mit dem Sozialministerium und auch über die Medien hat der Bürgerbeauftragte auf diese Situation der Betroffenen aufmerksam gemacht.

    Mit einer Verordnung vom Juni 2020 wurden dann weitere Kontakte ermöglicht. Es konnten nun mehrere Personen zu Besuch kommen, vor allem Familienangehörige. Besuche auf dem Freigelände oder im Garten wurden ausdrücklich erlaubt.

    Für Unmut sorgte der Umstand, dass Bewohner in einigen Einrichtungen, zum Beispiel nach einem Wochenendbesuch bei ihrer Familie, nach ihrer Rückkehr für zwei Wochen in Quarantäne sollten. Aus Angst davor hatten Bewohner ihre Einrichtung lange Zeit nicht verlassen. Mit der neuen Verordnung wurde, außer bei erhöhtem Infektionsgeschehen, von einer Quarantäne abgesehen.

    Weitere Besuchserleichterungen wurden ab Mitte Juli 2020 beschlossen. Den Einrichtungen wurde wieder erlaubt, tägliche Besuche zuzulassen. Seither gibt es kein generelles Besuchsverbot in Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen von Menschen mit Behinderung mehr. Diese sind grundsätzlich auch bei hohen Inzidenz-Werten erlaubt, wenn auch unter strengen Auflagen und einschränkenden Bedingungen. Diese sind aber notwendig, um den Schutz der körperlichen und seelischen Gesundheit ausgewogen zu gestalten.

    Maskenpflicht mit Ausnahme

    Über die Probleme der Menschen mit Behinderung mit der Maskenpflicht wurde bereits unter 4. berichtet.

    Bund-/Länderzusammenarbeit

    Inklusion und Barrierefreiheit in den Medien war das Schwerpunkthema des 60. Treffens der Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderung, das im November 2020 per Video-Konferenz durchgeführt wurde. Als Maßnahmen zur Umsetzung der Verpflichtungen nach der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen die Beauftragten einen 10-Punkte-Katalog, vor allem zur Barrierefreiheit bei Rundfunk und Telekommunikation. Dazu erklärte der Bürgerbeauftragte öffentlich, dass technischer Nachholbedarf an vielen Stellen im Land noch einmal deutlich geworden sei.

    Treffen mit kommunalen Behindertenvertretern

    Im Oktober 2020 lud der Bürgerbeauftragte die Behindertenbeauftragten der Kommunen und die Vorsitzenden der kommunalen Beiräte zu Beratungen ein. Im Mittelpunkt stand hier ein Erfahrungsaustausch zur Corona-Pandemie und den konkreten Auswirkungen vor Ort. Um diesen Austausch auch zwischen den Treffen zu erleichtern, hat der Bürgerbeauftragte einen Newsletter eingeführt. Die ersten zwei Ausgaben sind 2020 erschienen. Aufgrund der positiven Rückmeldungen soll der Newsletter auch künftig in regelmäßigen Abständen erscheinen.

    Mitbeteiligung bei der Normsetzung und Mitarbeit im Integrationsförderat (IFR)

    Der Bürgerbeauftragt wurde teilweise bei der Normsetzung und beim Erlass anderer landespolitischer Regelungen beteiligt. Teilweise nahm er auch von Amts wegen Stellung zu solchen Vorhaben.

    Als nichtstimmberechtigtes Mitglied erstattete der Bürgerbeauftragte in den Sitzungen des IFR regelmäßig Bericht über seine aktuelle Tätigkeit, Petitionsschwerpunkte und andere Anliegen. Dabei waren ihm die Novellierung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes (LBGG), der neue Medienstaatsvertrag und die Ausführung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), aber auch der Maßnahmeplan 2.0 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention besonders wichtig.

    • Maßnahmeplan 2.0

    Das Sozialministerium hat Ende 2020 den Entwurf eines Maßnahmeplans 2.0 den Selbsthilfeorganisationen der Menschen mit Behinderung und dem Bürgerbeauftragten zur Anhörung übersandt. Ein ambitionierter Maßnahmeplan könnte aus Sicht des Bürgerbeauftragten das entscheidende Instrument sein, behindertenpolitische Anliegen im Land gezielt umzusetzen. Er sollte Basis für eine effektive und partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Beteiligten sein.

    Diesen Ansprüchen wurde der seinerzeit vorgelegte Entwurf nach Überzeugung des Bürgerbeauftragten jedoch nicht gerecht. Er kritisierte in seiner Stellungnahme das Fehlen konkreter Zeitangaben und mittelfristiger Zielformulierungen. Zudem werde bei vielen Maßnahmen nicht ersichtlich, welches Budget für die Umsetzung erforderlich sei und in welchem Ministerium ein solches eingeplant werde. Der Bürgerbeauftragte hat diese Kritik an über 25 Einzelpunkten festgemacht und Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Es folgte ein vertiefendes Gespräch mit dem Sozialministerium. Bei der Anhörung im Sozialausschuss des Landtages Ende März 2021 wurde auch der Bürgerbeauftragte beteiligt.

    • Landesbehindertengleichstellungsgesetz

    Auch beim Neuentwurf des LBGG im Herbst 2020 wurde der Bürgerbeauftragte im Rahmen der Verbandsanhörung beteiligt. Er plädierte dabei für eine andere Struktur des künftigen Inklusionsbeirates und für bessere Arbeitsinstrumente bei der laufenden Beratung über Normsetzungen. Gemeinsam mit dem Integrationsförderrat kommt es dem Bürgerbeauftragten darauf an, das Gewicht der Behindertenselbsthilfe im Gremium zu stärken, was nach dem jetzigen Beratungsstand auch umgesetzt werden dürfte.

    Tag der Menschen mit Behinderung

    Der vom Landtag für 2020 beschlossene Tag der Menschen mit Behinderung wurde auf den 28. Mai 2021 verschoben. Er wird nun ohne die ursprünglich vorgesehene Inklusionsmeile lediglich als Konferenz mit einer begrenzten Anzahl von Teilnehmern stattfinden können und online übertragen werden. Der Bürgerbeauftragte beteiligt sich an der Vorbereitung.

    Petitionen von und für Menschen mit Behinderungen

    Petitionen zu Anliegen von Menschen mit Behinderungen sind über alle Sachgebiete 267mal (Vorjahr: 224) verzeichnet worden. Allein 247 Anfragen betrafen im Schwerpunkt Teilhabe, Rehabilitation und Eingliederungshilfe (im Wesentlichen SGB IX). Dabei haben Feststellungsverfahren über das Vorliegen und den Grad einer Behinderung (GdB) und die daraus folgenden Merkzeichen und Nachteilsausgleiche wieder einen größeren Anteil gehabt (39). 42 Eingaben richteten sich auf Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben und auf Hilfen zur Teilhabe an der Gemeinschaft (Vorjahr: 29).

    Bessere Bedingungen für Gebärdensprachendolmetscher

    Gebärdensprachendolmetscher hatten sich schon seit Jahren beim Bürgerbeauftragten darüber beklagt, dass ihr Stundensatz für Leistungen nach der Kommunikationshilfeverordnung des Landes seit vielen Jahren unter den Sätzen des Bundes und den Regelungen anderer Länder liegt. Hierüber war schon in den Vorjahren berichtet worden. 2020 konnte hierzu eine Lösung erzielt werden. In der neuen Verordnung wurde nun der Stundensatz weiter erhöht und mehr Zeiten als Arbeitszeit anerkannt. Insgesamt sind jetzt die Bedingungen mit denen anderer Länder und anderer Kostenträger vergleichbar.

    Urlaubsanspruch in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)

    2020 haben sich viele Bürger an den Bürgerbeauftragten mit der Frage nach gekürzten Abwesenheitsansprüchen (von den Betroffenen als Urlaub bezeichnet) im Bereich von Fördergruppen der WfbM gewandt. Ausgangspunkt hierfür ist eine Rechtsverordnung der Landesregierung, die am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist. Geregelt sind in dieser Rechtsverordnung die rechtlichen Beziehungen zwischen den beteiligten Leistungserbringern (u.a. Diakonie, Caritas, AWO) und den Leistungsträgern (Landkreise und kreisfreie Städte).    

    Aufgrund der neuen Verordnung werden den Trägern von WfbM für Menschen in Fördergruppen nur noch 20 Abwesenheitstage im Jahr ohne Entgeltkürzung berechnet. Bisher waren dies 28 Tage. Dies hat in vielen Fällen dazu geführt, dass die Träger der WfbM nur noch diese 20 Werktage Abwesenheit (Urlaub) gewähren wollten.

    Der Bürgerbeauftragte hat die Petenten dahingehend beraten und auch Träger darauf hingewiesen, dass eine solche Änderung den individuellen Abwesenheitsanspruch grundsätzlich nicht betrifft, da es sich um eine reine Abrechnungsvorschrift handelt. Darüber hinaus setzte er sich beim Sozialministerium für eine Regelung ein, die keine Verschlechterung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage bedeutet. Das Ministerium hat sich in einem Rundschreiben dann ähnlich positioniert.

    Zuständigkeiten im Reha-Recht

    Menschen mit Behinderung benötigen häufig Maßnahmen zur Wiedereingliederung oder zur beruflichen Wiederbefähigung. Zuständig hierfür können je nach Sachverhalt verschiedene Träger der Rehabilitation wie z.B. die Krankenkasse, die Agentur für Arbeit, die Rentenversicherungsträger oder die Träger der Eingliederungshilfe sein. Die Pflegekasse oder das Jobcenter sind hingegen keine Reha-Träger.

    Für die Betroffenen ist es kaum überschaubar, wer für die benötigte Leistung zuständig ist. Nicht selten erleben sie eine Odyssee des Weiterleitens. Der Arzt verweist an die Krankenkasse, die Krankenkasse verweist an die Rentenversicherung und die Rentenversicherung sagt dann, dass die Vorversicherungszeiten nicht ausreichen und schicken den Betroffenen wieder weiter zur Agentur für Arbeit. Der Anspruch des Bundesteilhabegesetzes, Leistungen „wie aus einer Hand“ zu erbringen, wird oft nicht eingelöst. In diesen Fällen ist dann der Bürgerbeauftragte gefordert, die Zuständigkeitsfrage schnellstmöglich zu klären und für eine Entscheidung über den Antrag der Bürger zu sorgen.

    So hatte in einem Fall ein Bürger mit Behinderung eine Umschulung und weitere Reha-Leistungen beim Jobcenter beantragt. Da das Jobcenter selbst nicht Reha-Träger ist, wirkt dieser Antrag für die Agentur für Arbeit. In persönlichen Vorsprachen bei der Agentur wurde der Bürger jedoch an die Rentenversicherung verwiesen. Diese hat den Antrag zum Teil bearbeitet und zum Teil an den Landkreis als Eingliederungshilfeträger weitergeleitet. Der hielt die Weiterleitung für verfristet, was nach Aufklärung durch den Bürgerbeauftragten nicht der Fall war. Nach über einem Jahr hat die Arbeitsverwaltung über einen Teil des Antrages entschieden. Der Landkreis hat zudem ein Gesamtplanverfahren eingeleitet, um den Bedarf umfassend festzustellen. Einen einheitlichen Ansprechpartner hat der Petent damit aber immer noch nicht, so dass es nach wie vor keine Leistungen „wie aus einer Hand“ gibt.

    Teilhabe muss umfassend sein

    Menschen mit Behinderungen sollen nach dem Gesetz eine umfassende Möglichkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft haben. Oft ist den Trägern der Eingliederungshilfe nicht klar, dass dieser Anspruch nur verwirklicht werden kann, wenn bei der Bedarfsermittlung und der Bewilligung die Sicht nicht nur auf die vorrangige Funktion der beantragten Leistung beschränkt ist.

    • Hören auch im Wasser        
      Ein ertaubtes Kind trug ein Cochlea-Implantat, mit dem es wieder hören konnte. Mit Eintritt in die Schule sollte das Mädchen die Möglichkeit bekommen, baden zu können – mit Implantat. Um das Gerät zu schützen beantragten die Eltern bei der Krankenversicherung die Kostenübernahme für eine Wasserschutzhülle. Der Antrag wurde mit Bezug auf ein Urteil des Bundessozialgerichts von 1999 (!) abgelehnt, da Freizeitbeschäftigungen über den reinen „Basisausgleich“ hinausgingen.     
      Im September 2019 unternahmen die Eltern einen neuen Versuch, da nun eine hörende Teilnahme am Schwimmunterricht notwendig wurde. Nach erneuter Ablehnung wurde der Fall bei einem Sprechtag des Bürgerbeauftragten vorgetragen. Die Krankenkasse hatte die Auffassung vertreten, im Wasser müsse das Kind nicht hören. Der Bürgerbeauftragte widersprach dem und wies sie darauf hin, dass das Erlernen des Schwimmens ein Grundbedürfnis sei und der sozialen Eingliederung und Teilhabe diene. Es gehe nicht nur um Hilfe zum Hören in einem engen krankenversicherungsrechtlichen Sinn, sondern um die Möglichkeit zum Schwimmen. Es sei zu unsicher, ohne Hörhilfe Schwimmen zu lernen.     
      Ohne Reaktion auf den Bürgerbeauftragten wurde auf regionaler Ebene der Antrag wieder abgelehnt. Die Schutzhülle diene ja nicht der Hörverbesserung selbst, sondern nur dem Schutz des Hörgerätes. Das überschreite das Maß des Notwendigen. Nun rügte der Bürgerbeauftragte auf Bundesebene beim Vorstand der Krankenkasse die mangelnde Sicht auf das soziale Teilhabebedürfnis. Die Kosten wurden dann übernommen.
    • Ein schwerer Rollstuhl hilft oft nicht           
      Ein älterer chronisch Erkrankter aus einem kleinen ländlichen Ort benötigte erstmals einen elektrischen Rollstuhl. Die gesetzliche Krankenkasse bewilligte ein Modell, das so schwer (39 kg) und so sperrig war, dass der Antragsteller und seine Ehefrau nicht in der Lage waren, ihn im Pkw zu verstauen. Die Krankenkasse lehnte den beantragten leichteren Rollstuhl mit der Begründung ab, es sei kein Grundbedürfnis, den Rollstuhl im Auto transportieren zu können. Nun bat das Ehepaar den Bürgerbeauftragten, sich um den Fall zu kümmern. Dieser wies die Krankenkasse darauf hin, dass der Rollstuhl auch am Zielort einer Autofahrt notwendig sei, um Besorgungen und Erledigungen des Alltags durchführen zu können. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) vergewisserte sich dann vor Ort, dass die Eheleute den Rollstuhl nicht ins Auto heben konnten. Daraufhin wurden die Kosten für einen leichteren, aber teureren Rollstuhl übernommen.
    • Kraftknoten nötig      
      Oft sind Rollstuhlnutzer nicht in der Lage, für die Autofahrt auf einen Sitz zu wechseln. Zur Beförderung in Kleinbussen, z. B. beim Gemeinschaftstransport, ist es daher notwendig, für die schweren Rollstühle ein Rückhaltesystem zu nutzen, Kraftknoten genannt. Ein solcher Kraftknoten wurde für die auf Begleitung angewiesene Bewohnerin einer Einrichtung beantragt, damit sie mit anderen z. B. zu einem Gruppenausflug fahren konnte. Das Sozialamt des Landkreises lehnte die Kostenübernahme ab und verwies in seiner Begründung auf die Möglichkeit, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen.      
      Auch im Widerspruchsverfahren blieb der Landkreis bei seiner Entscheidung. Der Widerspruch wurde zuständigkeitshalber dem Kommunalen Sozialverband M-V zur Entscheidung vorgelegt. Die Betreuerin suchte nun – nach schon langem Verwaltungsverfahren – beim Bürgerbeauftragten Hilfe. Dieser bat den Landrat um Prüfung, ob der Antrag nicht doch positiv beschieden werden könnte. Ein Ausflug in Gemeinschaft könne durch eine Einzelreise mit Bus oder Bahn nicht ersetzt werden. Ein solcher Ausschluss aus der Gemeinschaft sei das Gegenteil von Inklusion. Der Landrat sagte nun mit Blick auf die Teilhabe an der Gemeinschaft die Kostenübernahme doch zu. Nach zwei Jahren des Wartens konnte die Petentin endlich ihren ersten Ausflug zusammen mit den anderen Bewohnern der Einrichtung unternehmen.
    • Barrierefrei ohne Zugang?  
      Damit von Mobilitätseinschränkungen Betroffene weiterhin zu Hause leben können, unterstützen Pflegekassen Maßnahmen zur Barrierefreiheit in der Wohnung. Nach einer Beinamputation ließ die Kranken- und Pflegekasse zwar die Wohnung eines Bürgers barrierefrei herstellen. Die Kosten für eine 34 cm hohe Rampe als Zugang zum Haus wurde aber wegen „Kostenüberschreitung“ abgelehnt. Der Betroffene war seit November 2019 praktisch in seinem Haus isoliert. Er hatte auch keine Eigenmittel für den Bau. Nach erfolglosen Bemühungen informierte die Betreuerin im Mai 2020 den Bürgerbeauftragten. Dieser setzte sich mit der Geschäftsleitung der Kasse in Verbindung. Beide Seiten verständigten sich nun binnen Monatsfrist auf eine bauliche Lösung, für die die Kosten dann doch übernommen wurden. So kann der Petent weiterhin selbstbestimmt und ohne fremde Hilfe in seinem Haus leben.

    Dem Bürgerbeauftragten ist es allerdings nicht immer möglich, alle Fälle im Sinn der Petenten zu lösen. Dann kann er Petenten, wenn er einen Anspruch sieht, nur auf den Rechtsweg verweisen. Eine echte Inklusion sieht anders aus.

    Petitionsausschuss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern

    In Mecklenburg-Vorpommern können Bürgerinnen und Bürger entscheiden, ob sie ihre Petition beim Landtag oder beim Bürgerbeauftragten einlegen. Um eine Doppelbearbeitung zu vermeiden, gleichen der Petitionsausschuss und der Bürgerbeauftragte nach der Geschäftsordnung des Landtages die Eingänge regelmäßig ab. Bei parallelen Eingängen erfolgt eine Abstimmung zur weiteren Bearbeitung. Darüber hinaus legt der Bürgerbeauftragte dem Ausschuss einzelne Eingaben vor, wenn sich bei ihm im Laufe des Petitionsverfahrens zeigt, dass der Ausschuss bessere Handlungsmöglichkeiten hat. Im Petitionsverfahren zur Festung Dömitz, das der Bürgerbeauftragte dem Ausschuss im November 2018 vorgelegt hatte, nahm der Bürgerbeauftragte im Januar 2020 an einer Sitzung des Festungsausschusses der Stadt Dömitz teil. Über Verlauf und Ergebnisse berichtete er dem Petitionsausschuss.

     

    Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages

    Die alle zwei Jahre tagende Konferenz der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse von Bund und Ländern, zu der auch die Bürgerbeauftragten und ihre Stellvertreter eingeladen werden, fand Ende September 2020 in Dresden statt. Der Bürgerbeauftragte hielt auf dieser Tagung ein Impulsreferat über die Aufgaben und Arbeitsweisen der Bürgerbeauftragten und das Verhältnis zum Parlament. Neben den aktuellen Entwicklungen im Bereich des Ombudswesens im europäischen Raum war auch die Nutzung und Arbeitsweise privater Petitionsplattformen Gegenstand der Beratungen.

     

    Arbeitsgemeinschaft der parlamentarisch gewählten Bürgerbeauftragten

    Die parlamentarisch gewählten Bürgerbeauftragten führten im Juni 2020 eine Videokonferenz anstelle einer Arbeitstagung durch. Im Mittelpunkt der Beratungen der Bürgerbeauftragten aus Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen standen die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Petitionsgeschehen, aber auch auf die Arbeitsmöglichkeiten der Bürgerbeauftragten.

     

    Internationale Institutionen

    Weder das Netzwerk der Ombudsleute in der Europäischen Union noch das Europäische Ombudsmaninstitut führten Präsenz- oder Ersatzveranstaltungen für die Mitglieder durch.